Demagogen und Denunzianten :Denunziation und Verrat als Methode polizeilicher Informationserhebung bei den politischen Verfolgungen im preußischen Vormärz ( Schriften zur Rechtsgeschichte )

Publication subTitle :Denunziation und Verrat als Methode polizeilicher Informationserhebung bei den politischen Verfolgungen im preußischen Vormärz

Publication series :Schriften zur Rechtsgeschichte

Author: Nolte   Jakob  

Publisher: Duncker & Humblot GmbH‎

Publication year: 2007

E-ISBN: 9783428521791

P-ISBN(Paperback): 9783428121793

Subject:

Keyword: Rechts- und Staatswissenschaften

Language: GER

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Description

Die Kooperation mit staatlichen Verfolgungsbehörden durch Informationsübermittlung wird oft als Denunziation beschimpft. Denunziation ist letztlich vor allem durch die Erforschung der Gestapo und Aufarbeitung der Tätigkeit des MfS ins allgemeine Bewusstsein gerückt. Aber Denunziation ist kein ausschließliches Phänomen diktatorischer Regime des 20. Jahrhunderts. Die Anzeige strafbaren Verhaltens wird auch heute immer wieder von staatlicher Seite gefordert. Dennoch gibt es offensichtlich Unterschiede, je nachdem in welchem Kontext Denunziation stattfindet. Die Arbeit erforscht die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen, die Verwaltungstätigkeit und das Kooperationsverhalten der Bürger während der Demagogenverfolgung 1815 bis 1848 in Preußen. Die Demagogenverfolgung ist die erste politische Verfolgung modernen Stils in Deutschland. Erstmals wurde in Deutschland eine politische Polizei geschaffen. Man hat also den Eindruck, an den Ursprüngen der politischen Denunziation in Deutschland angekommen zu sein. Außerdem prägte die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts die Entstehung des modernen Verwaltungsrechts. Institutionell kann in der preußischen politischen Polizei ein Vorgänger der späteren Gestapo gesehen werden, und das preußische Polizeirecht war der Ausgangspunkt der Entwicklung unseres heutigen Polizei- und Verwaltungsrechts. Die Arbeit widmet sich daher besonders der Funktion von Informationsbeschaffung beim Mitbürger im Verwaltungsrecht. Nach Vorüberlegungen zu Denunziation und Verrat als Gegenstand der Forschung stellt Jakob Nolte im ersten Teil der Arbeit die strukturellen Rahmenbedingungen dar. Anhand von Fallstudien werden im zweiten Teil exemplarisch typisches denunziatorisches Verhalten und dessen Wechselwirkung mit den institutionellen Rahmenbedingungen während der Demagogenverfolgung beschrieben.

Chapter

Vorwort

Inhaltsübersicht

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Kapitel: Denunziation und Verrat als Gegenstand der Forschung

I. Geschichte des Denunziationsbegriffs

II. Verwendung des Begriffs "Denunziation" in den Quellen aus dem Untersuchungszeitraum

1. Die traditionelle Verwendung

2. Mitteilen und bekannt geben

3. Zunehmende Pejorisierung

4. Öffentliches Anschwärzen/Diffamieren

5. Delation und Angeben

III. Verwendung des Begriffs "Denunziation" in der späteren den Untersuchungszeitraum betreffenden Forschungsliteratur

IV. Theoretische Annährung an ein unbestimmtes Phänomen

1. Das Denunziationsdreieck

2. Adressat der Denunziation

3. Inhalt der Denunziation

4. Verraten, Beschuldigen und die Positionierung zur Obrigkeit

5. Freiwilligkeit und Unregelmäßigkeit

6. Motivation

7. Legitimität der Rahmenbedingungen

8. Öffentlichkeit und Denunziation

9. Politische Denunziation

V. Arbeitsdefinition, Abgrenzungen und Überschneidungen

VI. Zusammenfassung

1. Teil: Das strukturelle Denunziationsangebot

2. Kapitel: Politische Opposition und Verfolgung

I. Entstehung der politischen Oppositionsbewegung im Vormärz

1. Vorgeschichte

2. Frühe Geheimbünde und Politisierung der Bevölkerung

3. Die Burschenschaften und das Turnen

4. Die revolutionäre Opposition in den dreißiger Jahren

5. Die revolutionären Bünde im Ausland

6. Moderat-liberale und radikale öffentliche Meinung

7. Geheimhaltung und Verrat

II. Verfolgung der politischen Opposition

1. Erste Reaktionen auf die politische Opposition

2. Die erste Verfolgungswelle

3. Die zweite Verfolgungswelle

III. Zusammenfassung

3. Kapitel: Die Verfolgungsbehörden

I. Die Entstehung der politischen Polizei in Preußen

1. Die Anfänge einer politischen Polizei in Preußen

2. Die Staatspolizei als Organ der Demagogenverfolgung

II. Struktur der Verfolgungsbehörden während der Demagogenverfolgung

1. Oberste Polizeibehörden

a) Die Untersuchungskommissionen 1819

b) Die erste staatspolizeiliche Ministerialkommission 1819–1828

c) Die zweite staatspolizeiliche Ministerialkommission 1833–1840

2. Die Untersuchungsstellen an den Universitäten

a) Die Karlsbader Beschlüsse

b) Die preußische Umsetzung der Karlsbader Beschlüsse

c) Verpolizeilichung der akademischen Behörden

d) Die Rolle des Kultusministeriums

e) Spätere Maßnahmen und zunehmende Kompetenzverwirrung

f) Die Regierungsbevollmächtigten als Bestandteil des strukturellen Denunziationsangebotes

g) Tauglichkeit der Universitätsorgane als Überwachungsbehörden

3. Die königlichen Oberpräsidien, Bezirksregierungen und Lokalbehörden

a) Die Ortspolizeibehörden

b) Die Bezirksregierungen

c) Die Provinzialregierungen

4. Die staatspolizeilichen Sonderermittler

a) Die Sonderermittler der ersten Verfolgungswelle

b) Die Sonderermittler der zweiten Verfolgungswelle

c) Die gesellschaftliche Stellung der Sonderermittler

d) Die Zusammenarbeit mit den anderen Behörden

5. Das Nachrichtenbüro des Auswärtigen Amtes

6. Andere Behörden

III. Die Ermittlungsbehörden an den einzelnen Universitätsorten

1. Die Ermittlungsbehörden in Berlin

2. Die Ermittlungsbehörden in Halle

3. Die Ermittlungsbehörden in Breslau

4. Die Ermittlungsbehörden in Königsberg

5. Die Ermittlungsbehörden in Bonn

6. Die Ermittlungsbehörden in Greifswald

IV. Die Pedelle – ein Exkurs –

1. Amtliche Stellung und Aufgaben

2. Neue Aufgaben

3. Die Spitzeltätigkeit

V. Zusammenfassung

1. Erste institutionalisierte politische Polizei in Preußen

2. Die Verwaltung als Organ der politischen Überwachung

3. Das Verhältnis zwischen politischer Polizei und Bevölkerung

4. Kapitel: Methoden polizeilicher Informationserhebung

I. Aufgaben der politischen Polizei

1. Allgemeine Polizeiaufgaben

2. Politische Polizei

3. Gefahr

a) Der Gefahrbegriff

b) Die Gefahrprognose

4. Zuständigkeitskonflikte

5. Flucht aus den Bindungen des Strafprozesses

II. Informationserhebungsmethoden der politischen Polizei

1. Die Postkontrolle

2. Die Beschlagnahme von Papieren

3. Beobachtung von Versammlungen und Veröffentlichungen

4. (Verdeckte) Wahrnehmung durch Beamte

5. Förmliche Verhöre

III. Die Denunziation als Methode der Informationserhebung

1. Denunziation als notwendige Informationsmethode der politischen Polizei

2. Normative Grundlagen

a) Gelegenheitsanzeigen

b) Kronzeugenregelungen

c) Polizeispitzel

d) Lockspitzel

IV. Relevante Anzeigepflichten

1. Anzeigepflicht bei Hochverrat

2. Anzeigepflicht geheimer verbotener Gesellschaften

3. Allgemeine Anzeigepflicht bei dem Vaterland drohenden Gefahren

4. Dienstliche Meldepflicht der Professoren

5. Meldepflicht der Gaststättenbesitzer und Zimmervermieter

V. Diskussion um Denunziation und Spitzel in der Staatsrechtslehre, Polizeiwissenschaft und Verwaltungsrechtswissenschaft

1. Grenzen der Polizeitätigkeit

2. Differenzierungen bei der Erhebung von Informationen mit Hilfe Privater

a) Gelegenheitsdenunzianten und Vigilanten

b) Beobachtungsgegenstände der politischen Polizei

3. Polizeitaktik, Strategie der Informationsgewinnung und Praktikabilitätserwägungen

a) Zuverlässigkeit der Information

b) Untauglichkeit und Dysfunktionalität der Mittel

c) Informationsverarbeitung

d) Denunziantentypen

4. Legitimität staatlicher Herrschaftsausübung

a) Despotismusdebatte

b) Untergrabung staatlicher Autorität durch eigene Zweckverfolgung der Denunzianten

5. Freiheit der Bürger vor staatlicher Einwirkung

a) Unterminierung von Vertrauensbeziehungen/ Schutz vor Verrat

b) Schutz konkreter institutionalisierter Vertrauensverhältnisse

c) Die Perspektive des Anzeigenden: Konfligierende Loyalitätsbindungen

d) Schutz der Geheim- und Privatsphäre

6. Gesellschaftliche Auswirkungen

7. Behördeninterne Diskussion

8. Zeitliche Entwicklung der Diskussion

VI. Zusammenfassung

1. Denunziation als Polizeimethode

2. Zeitgenössischer Meinungsstand

3. Privatsphäre und Denunziation

2. Teil: Denunzianten – Fallstudien

5. Kapitel: Hardenbergs V-Mann-System

I. Die V-Leute Hardenbergs

1. Johann Ernst Theodor Janke

2. Carl Heinrich Ludwig Borbstaedt und Wilhelm Dorow

3. Georg Friedrich von Cölln

II. Motive der V-Leute

1. Jankes Eintrittskarte in den Staatsdienst

2. Borbstaedts Wünsche

III. Das Verhältnis zu den Denunzierten

1. Janke und der Deutsche Bund

2. Borbstaedts Informationsquellen und Dorows Freunde

3. Gegenseitige Überwachung Dorows und Borbstaedts

IV. Das Verhältnis zur Obrigkeit

V. Die Weiterverwendung der Information

1. Polizeiliche Informationsverarbeitung

2. Justizielle Informationsverarbeitung

VI. Zusammenfassung

6. Kapitel: Vom persönlichen Vertrauensmann zum Polizeispitzel

I. Die Spitzel

1. Johannes Ferdinand Wit von Dörring

2. Ludwig Lessing

II. Motive der Spitzel

1. Johannes Wit

2. Ludwig Lessing

III. Das Verhältnis zu den Bespitzelten

1. Johannes Wit

2. Ludwig Lessing

IV. Das Verhältnis zur Obrigkeit

1. Johannes Wits Kontakte zu verschiedenen Obrigkeiten

2. Wit wird fallen gelassen

3. Ludwig Lessing

4. Eine übliche Form der Spitzelrekrutierung

V. Folgen der Denunziationen

1. Johannes Wit

2. Ludwig Lessing

VI. Zusammenfassung

7. Kapitel: Denunziationen aus Studentenkreisen

I. Die Anzeigeerstatter

1. Ahlenfeld, Berlin/Breslau 1822

2. Jarick, Breslau 1821/22

3. Dietz, Halle/München 1823

4. Flögel, Breslau 1824

5. Steinmetz (stud. teol.) und Bertram, Greifswald 1828

6. Blankenburg, Mühlhausen 1832

II. Verhältnis zu den Angezeigten und daraus resultierende Motive der Anzeigen

1. Anzeige aus Rache

2. Anzeige als Ausweg aus persönlichen Konflikten

3. Ein Gruppenkonflikt

4. Die Anzeigeerstatter als Verräter

III. Verhältnis zur Obrigkeit als Motiv zur Anzeige

1. Positionierung zur Obrigkeit

2. Reaktion der Obrigkeit auf die Positionierung

3. Fernhaltung von politischen Hintergründen

IV. Folgen der Anzeigen

1. Die Untersuchungen infolge der Anzeige Ahlenfelds, insbesondere die Breslauer Untersuchungen 1822, und die Bedeutung der Auskünfte Jaricks

2. Die Anzeige des Jünglingsbundes durch Dietz

3. Die Anzeige Flögels und die Breslauer Untersuchungen 1823/24

4. Die Untersuchungen in Greifswald 1828

5. Die Anzeige von Blankenburg

V. Zusammenfassung

Denunziation von Amts wegen – Professoren und Lehrer nehmen ihre Aufsichtsfunktion wahr

I. Professoren nehmen ihre Aufsichtsfunktion wahr

1. Prof. Kilian und Dr. Maurenbrecher, Bonn 1832

2. Prof. Fischer, Greifswald 1833

II. Kollegiale Informationserhebung an den Universitäten

III. Lehrer nehmen ihre Aufsichtsfunktion wahr

IV. Lehrer und Professoren gehen über ihre Aufsichtspflicht hinaus

1. Prof. Stein, Bonn 1834

2. Prof. Schultze, Greifswald 1835

3. Lehrer Dr. Graser, Naumburg 1834

V. Zusammenfassung

9. Kapitel: Studenten denunzieren Professoren

10. Kapitel: "Selbstbekenntnisse"

I. Die Selbstbekenner

II. Intentionen und Motive der Bekenner und ihr Verhältnis zur Obrigkeit

1. Eine besondere Verhörmethode

2. Existenzsorgen der Selbstbekenner

3. Selbstbekenntnisse als Normgeltungsdiskurs

III. Die Folgen der Selbstbekenntnisse

1. Die Rolle der Bekenntnisse bei den weiteren Ermittlungen

2. Die Ergebnisse der Ermittlungen

IV. Das Verhältnis zu den Benannten

V. Zusammenfassung

11. Kapitel: Denunziationen außerhalb der Universität

I. Die Anzeigeerstatter

1. Madame Eggert, Königsberg 1819

2. Riemann, Nordhausen 1819

3. Frau Steffahny, Schöneck in Westpreußen 1821

4. Horn, Königsberg 1823

5. Leupert, Berlin 1824

II. Das Verhältnis zu den Angezeigten und daraus resultierende Motive der Anzeigen

1. Eine verhängnisvolle Affäre

2. Ausweg aus einem Ehrenhändel

3. Ein Familienkonflikt

4. Machtkampf in Königsberg

5. Nachbarschaftskonflikte

III. Unterschiedliche Formen der Kommunikation mit der Obrigkeit

IV. Folgen der Anzeigen

1. Behördliche Auseinandersetzung mit der Anzeige Eggerts

2. Machtkampf in Westpreußen

3. Folgen trotz Harmlosigkeit

V. Zusammenfassung

12. Kapitel: Erfolglose Denunziationen

I. Herrschafts- und Anzeigerhetorik

1. Böhm, Breslau 1824/25

2. Teetz, Berlin 1834

3. Anonym, Berlin 1839

II. Sensibilität der Behörden

1. Scherzbriefe

2. Puttkammer, Kamin 1823

3. Leifert, Grevenstein in Westfalen 1835

III. Konfligierende Loyalitätsbindungen

IV. Zusammenfassung

13. Kapitel: Anonyme Denunziationen

I. Der übliche Umgang mit anonymen Anzeigen

1. "Doppelte Buchführung"

2. Immediateingaben

II. Eine erfolgreiche anonyme Anzeige

1. Anonymus, Breslau 1831

2. Die folgenden Untersuchungen

3. Die gerichtliche Verwertbarkeit und polizeiliche Weiterverwendung

IV. Zusammenfassung

14. Kapitel: Denunziationen im öffentlichen Meinungskampf

I. Die öffentlichen Anschuldiger

1. Theodor Anton Heinrich Schmalz und der Tugendbundstreit

2. Henrik Steffens und die Breslauer Turnstreitigkeiten

II. Die Motivation und Wirkungsabsicht

1. Schmalz

2. Steffens

III. Die Folgen der Denunziationen

1. Schmalz

2. Steffens

IV. Das Verhältnis zur Obrigkeit

1. Schmalz

2. Steffens

V. Das Verhältnis zu den Denunzierten und die Reaktionen der Öffentlichkeit

1. Schmalz

2. Steffens

VI. Zusammenfassung

Fazit

Quellen- und Literaturverzeichnis

Archivalische Quellen

Gedruckte Quellen

Sekundärliteratur

Personenverzeichnis

Normenverzeichnis

Sachverzeichnis

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