Der Grundsatz der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung :Eine verfassungs- und sozialrechtliche Untersuchung ( Schriften zum Gesundheitsrecht )

Publication subTitle :Eine verfassungs- und sozialrechtliche Untersuchung

Publication series :Schriften zum Gesundheitsrecht

Author: Schaks   Nils  

Publisher: Duncker & Humblot GmbH‎

Publication year: 2010

E-ISBN: 9783428524068

P-ISBN(Paperback): 9783428124060

Subject:

Keyword: Rechts- und Staatswissenschaften

Language: GER

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Description

Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ist selber Patient: Auf dem Operationstisch des Gesetzgebers wurden seit 1977 über 50 größere Gesetze zu ihrer Sanierung erlassen. Zur Kostendämpfung wurden Eingriffe in die Grundrechte von Versicherten und Leistungserbringern vorgenommen. Obwohl keines der Gesetze dauerhaft gewirkt hat, wurde die Politik der Kostendämpfung fortgesetzt. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entwickelte zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Eingriffe den Grundsatz der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung. Bei diesem Grundsatz handele es sich um einen überragend wichtigen Gemeinwohlbelang, der auch objektive Berufswahlregelungen rechtfertigen könne. Darüber hinaus habe der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der GKV einen weiten Spielraum. Nils Schaks untersucht diese Rechtsprechungslinie des BVerfG, wobei er zunächst den Inhalt des Grundsatzes analysiert. Dieser ist kein gesundheitsschützender, sondern ein rein finanzieller Belang. Anschließend setzt er sich mit den beiden zentralen Thesen des BVerfG auseinander. Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass der Grundsatz der finanziellen Stabilität der GKV nicht überragend wichtig ist. Der Grundsatz hat nicht die rechtfertigende Kraft, die das BVerfG ihm beimisst, es handelt sich um einen bloßen finanziellen/fiskalischen Belang, der keinen Verfassungsrang genießt. Schließlich ist der Spielraum des Gesetzgebers geringer als vom BVerfG angenommen. Entscheidend für die gerichtliche Kontrolldichte ist die Intensität des Eingriffs. Würde das BVerfG dieselben Maßstäbe, die es in seiner sonstigen Rechtsprechung anwendet, auf die Entscheidungen zum Grundsatz der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung übertragen, so hätten diese Entscheidungen anders ausfallen müssen. Im Ergebnis ist der im Schrifttum erhobene Vorwurf des Sonderrechts deshalb berechtigt.

Chapter

Vorwort

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Erstes Kapitel: Der Inhalt des Grundsatzes der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung

A. Inhaltsbestimmung des Grundsatzes der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung

I. Der Wortlaut der Formulierung „Grundsatz der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung“

1. Nachzeichnung des Wortlautwandels der Formulierung

2. Inhaltsgleichheit der Formulierung trotz Wortlautwandels

3. Wortlautauslegung

a) Die einzelnen Wortlautelemente

b) Einbeziehung anderer Formulierungen des Bundesverfassungsgerichts

4. Ergebnis zu I.

II. Inhaltliche Konkretisierungen der Formulierung durch das Bundesverfassungsgericht

1. Überblick über die zu analysierenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

2. Zwischenergebnis

3. Finanzielle Stabilität und Gesundheitsschutz

a) Wortlaut: Die finanzielle Stabilität als aliud zum Gesundheitsschutz

b) Telos: Unterschiedliche Schutzzwecke

4. Finanzielles Verständnis

a) Prima facie: Ein finanzieller Belang

b) Argumente gegen ein finanzielles Verständnis

c) Zwischenergebnis

5. Ergebnis zu II.

III. Die Heranziehung von Gesetzesbegründungen

1. BT-Drucks. 9/811 (Anl. 2, S. 12 f.)

2. BT-Drucks. 9/845 (S. 1, 11, 15 f., 17, 18)

3. BT-Drucks. 9/1300 (S. 2 f., 3 ff., 9, 10)

4. BT-Drucks. 11/2237 (S. 151, 195)

5. BT-Drucks. 11/3480 (S. 24)

6. BT-Drucks. 11/6380 (S. 246, 264)

7. BT-Drucks. 11/7760 (S. 372)

8. BT-Drucks. 12/3209 (S. 60, 61)

9. BT-Drucks. 12/3608 (S. 66 ff., 73, 74 f., 81, 83, 88, 93, 97, 98, 156)

10. BT-Drucks. 13/4615 (S. 6, 8, 11)

11. BT-Drucks. 15/28 (S. 14)

12. BT-Drucks. 15/75 (S. 1)

13. Ergebnis zu III.

IV. Die Heranziehung gesetzlicher Bestimmungen mit Bezug zur finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung

V. Literaturstimmen

1. Die Ansicht von Renate Jaeger

a) Darstellung

b) Kritik

2. Die Ansicht von Stephan Rixen

a) Darstellung

b) Kritik

3. Die Ansicht von Walter Leisner

a) Darstellung

b) Kritik

4. Die Ansicht von Ulrich Freudenberg

a) Darstellung

b) Kritik

5. Die Ansicht von Martin Stockhausen

a) Darstellung

b) Kritik

6. Zusammenfassung zu V.

VI. Die Urteile des Bundessozialgerichts vom 08. und 09.12.2004

VII. Teleologische Auslegung

VIII. Ergebnis zu A.

B. Ergebnis zum Ersten Kapitel

Zweites Kapitel: Die These vom Verfassungsrang des Grundsatzes der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung

A. Die Ansicht des Bundesverfassungsgerichts im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung

I. Verfassungsrang

II. Verfassungsrang als institutionelle Garantie

B. Gemeinwohlbelange

I. Was ist ein Gemeinwohlbelang?

II. Arten von Gemeinwohlbelangen und ihre Bedeutung

1. Absolute und relative Gemeinwohlbelange

2. Gestufte Gemeinwohlbelange aufgrund der Drei-Stufen-Theorie

a) Die Drei-Stufen-Theorie

b) Der Grundsatz der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung im Lichte der Drei-Stufen-Theorie

3. Fiskalische und finanzielle Belange

III. Ergebnis zu B.

C. Die verfassungsrechtliche Ableitung des Gemeinwohlbelangs der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung

I. Das Sozial(staats)prinzip, Art. 20 Abs. 1, Art. 23 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG

1. Das Sozial(staats)prinzip allgemein

2. Der Inhalt des Sozial(staats)prinzips

3. Fallgruppen

a) 1. Fallgruppe: „Sicherheit gegen die Wechselfälle des Lebens“

aa) Keine Garantie des Systems, sondern Erforderlichkeit eines Schutzsystems

bb) Gewährleistung eines Minimalschutzes

b) 2. Fallgruppe: „Herstellung einer gerechten Sozialordnung“

aa) Schutzbedürftigkeit als Kriterium

bb) Leistungsfähigkeit als Kriterium?

cc) Keine Gleichrangigkeit von Schutzbedürftigkeit und Leistungsfähigkeit

c) Ergebnis zu 3.

4. Grenze und Begrenzungen des Sozial(staats)prinzips

5. Ergebnis zu I.

II. Das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG

1. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG unter dem Aspekt des Abwehrrechts

2. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG unter dem Aspekt der Schutzpflicht

a) Dogmatische Herleitung: Umfang und Reichweite der Schutzpflicht

b) Bestehen einer Schutzpflicht

c) Wann liegt allgemein eine Schutzpflichtverletzung vor?

aa) Voraussetzungen der Schutzpflichtverletzung

bb) Überprüfbarkeit der Schutzpflicht durch das Bundesverfassungsgericht

d) Keine Verletzung der Schutzpflicht im Falle der Nichteinführung der gesetzlichen Krankenversicherung

3. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG unter dem Aspekt des Leistungsrechts

4. Fehlender Gesundheitsbezug des Grundsatzes der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung

5. Ergebnis zu II.

III. Die Menschenwürde, Art. 1 Abs. 1 GG

IV. Kompetenzbestimmungen des Grundgesetzes

1. Der materiell-rechtliche Gehalt von Kompetenzbestimmungen

2. Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG

3. Art. 87 Abs. 2 GG

4. Art. 120 Abs. 1 Satz 4 GG

5. Ergebnis zu IV.

V. Art. 109 Abs. 2 GG

VI. Art. 33 Abs. 2, 5 GG

VII. Art. 33 Abs. 2 EV

VIII. Ungeschriebenes Verfassungsrecht

IX. Verfassungsrang durch Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts?

X. Kontrollüberlegungen

1. Die sonstige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur gesetzlichen Krankenversicherung

2. Keine Einrichtungsgarantie

XI. Der Vorwurf des Sonderrechts

D. Ergebnis zum Zweiten Kapitel

Drittes Kapitel: Die These vom weiten Spielraum des Gesetzgebers

A. Die traditionelle Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Kontrolldichte

B. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Kontrolldichte bei sozialpolitischer Gesetzgebung

C. Kritik und eigener Vorschlag

I. Kritik

1. Mangelnde Konsequenz in der Anwendung

2. Unklarheit über die angewandten Kriterien

3. Unvereinbarkeit mit der These vom Verfassungsrang der gesetzlichen Krankenversicherung

4. Unvereinbarkeit mit der Drei-Stufen-Theorie

5. Sonderproblem: Einstweilige Anordnungen

6. Fixierung auf das Verhältnis Bundesverfassungsgericht – Gesetzgeber

7. Keine Berücksichtigung kumulierender Grundrechtseingriffe

8. Keine Berücksichtigung gewonnener Erkenntnisse

9. Der Begriff „Offensichtliche Fehlsamkeit“

10. Ergebnis zu I.

II. Eigener Vorschlag

1. Begriffsbestimmungen

2. Die unterschiedlichen Kontrolldichten

3. Die Kriterien für die unterschiedlichen Kontrolldichten

4. Auswirkungen der Kontrolldichte auf die Verhältnismäßigkeitsprüfung

a) Die einzelnen Elemente der Verhältnismäßigkeitsprüfung

aa) Legitimer Zweck

bb) Legitimes Mittel

cc) Geeignetheit

dd) Erforderlichkeit

ee) Angemessenheit

b) Die Auswirkung des Kontrollmaßstabs auf die Verhältnismäßigkeitsprüfung

aa) Berufsausübungsregelungen

bb) Subjektive Berufswahlregelungen

cc) Objektive Berufswahlregelungen

5. Anwendung dieser Grundsätze auf die Entscheidungen zum Grundsatz der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung

a) Der Beschluss zur Altersgrenze von 68 Jahren

aa) Die gesetzliche Regelung

bb) Die Ansicht des Bundesverfassungsgerichts

cc) Eigene Ansicht

b) Der Beschluss zur Altersgrenze von 55 Jahren

aa) Die gesetzliche Regelung

bb) Die Ansicht des Bundesverfassungsgerichts

cc) Eigene Ansicht

c) Die Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze

aa) Die gesetzliche Ausgangslage und die Veränderungen durch das BSSichG

bb) Die Ansicht des Bundesverfassungsgerichts

cc) Eigene Ansicht

d) Entscheidungen, in denen Kostenregelungen gerechtfertigt wurden

aa) Gemeinsamkeiten der Entscheidungen: unmittelbare Kostenregelung

bb) Widersprüchlichkeit

D. Ergebnis zum Dritten Kapitel

Viertes Kapitel: Schlussbetrachtung

Zusammenfassung in Leitsätzen

Literaturverzeichnis

Sachregister

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