Aktive Sterbehilfe in der Grundrechtsordnung ( Schriften zum Öffentlichen Recht )

Publication series :Schriften zum Öffentlichen Recht

Author: Antoine   Jörg  

Publisher: Duncker & Humblot GmbH‎

Publication year: 2011

E-ISBN: 9783428511792

P-ISBN(Paperback): 9783428111794

Subject:

Keyword: Rechts- und Staatswissenschaften

Language: GER

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Description

Der Autor behandelt die Beurteilung der "aktiven" Sterbehilfe aus verfassungsrechtlicher Sicht. Die einschlägigen Argumente werden verfassungsrechtlich, das heißt grundrechtlich eingefangen und systematisch verarbeitet. Durch eine konsequente Analyse des Lebensrechtes (Art. 2 II GG) aus der Autonomieperspektive des Art. 1 I GG soll eine konsistente Interpretation des Lebensschutzes jenseits der Alternative von Heiligkeit des Lebens versus Interessenschutz vorgestellt werden. Eingehend behandelt werden auch bislang wenig erörterte Fallkonstellationen der aktiven Sterbehilfe: Patientenverfügung, Früheuthanasie, aktive Sterbehilfe bei Kindern und "Hirntoten". Letztlich besitzt der Gesetzgeber bei der Pönalisierung wie bei der Legalisierung der aktiven Sterbehilfe einen Einschätzungs-, Gestaltungs- und Abwägungsspielraum, um den Konflikt zwischen seiner Verpflichtung zum effektiven Lebensschutz und dem Recht auf bioethische Selbstbestimmung über das eigene Leben und Sterben (Art. 2 II i.V.m. Art. 1 I GG) aufzulösen. Strikt einzuhaltende Grenzen und die hohen Anforderungen an den gesetzgeberischen Lebensschutz werden aufgezeigt.

Chapter

Vorwort

Inhaltsübersicht

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Einleitung

Erstes Kapitel: Strafrechtliche Diskussion

§ 1 Einführung in die Begriffe und ihre strafrechtliche Unterscheidungsfunktion

§ 2 Abgrenzung zwischen aktiver und passiver Sterbehilfe

I. Naturalistische Theorien

II. Normative Theorien

III. Kombinationstheorie von C. Schneider

IV. Bewertung der gängigen Lösungsvorschläge

V. Eigene Unterscheidung

VI. Exkurs: Einstellung der künstlichen Ernährung als Behandlungsabbruch

§ 3 Indirekte Sterbehilfe als Unterfall der aktiven Sterbehilfe

I. Begrifflichkeit

II. Exkurs: Das Prinzip der Doppelwirkung

III. Begründung für die Straflosigkeit der indirekten Sterbehilfe

IV. Mutmaßliche Einwilligung

V. Gründe für die scheinbar geringe forensische Relevanz der Unterscheidung

VI. Zusammenfassung zur indirekten Sterbehilfe

§ 4 Aktive Sterbehilfe und die Straflosigkeit der Beihilfe zum Suizid

I. Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme

II. Freiverantwortlichkeit

III. Unglücksfall

IV. Zwischenergebnis zur Beihilfe zum Suizid

§ 5 Ausnahmen vom Verbot der aktiven Sterbehilfe

I. Straffreiheit bei Tötung schwer leidender Patienten?

II. Teleologische Reduktion bei „objektiv vernünftigem Verlangen“?

III. Aktive Sterbehilfe und Neugeboreneneuthanasie

IV. Tötung auf Verlangen durch Unterlassen?

V. Aktive Sterbehilfe in der Praxis?

§ 6 Zwischenergebnis und weiterführende Fragestellungen

Zweites Kapitel: Verfassungsrechtliche Grundlegung des Themas

§ 7 Menschenwürde, Autonomie und Lebensrecht

I. „Negative“ Definition von Menschenwürdeverletzungen

II. Notwendigkeit einer „positiven Bestimmung“ von Menschenwürde und rechtsphilosophischen Erörterung

III. Mitgifttheorie (Christentum und Kant)

1. Protologische/statische Interpretation

a) Gottebenbildlichkeit im alttestamentlichen Kontext

aa) Einführung in den Begriff der Gottebenbildlichkeit

bb) Alttestamentalischer Begriff der Gottebenbildlichkeit

b) Kant substantiell aufgefaßt

c) Potentialität der Autonomie

d) Verfassungsrechtliche Kritik

2. Eschatologische/dynamische Interpretation

a) Gottebenbildlichkeit (neutestamentlich)

b) Sittliche Autonomie bei Kant

c) Verfassungsrechtliche Kritik

IV. Leistungstheorie

1. Darstellung

2. Verfassungsrechtliche Kritik

V. Pico della Mirandola

1. Menschenwürde bei Pico della Mirandola

2. Fortentwicklung bei Gröschner und offene Fragen

VI. Zwischenergebnis

VII. Kommunikative Interpretation der Menschenwürde

1. Grundzüge der Diskursethik und der darin implizierte Menschenwürdegrundsatz

2. Verhältnis der Diskursmoral zum Recht

a) Legitimation des Rechts

b) Einschränkung der Moral im Recht

3. Menschenwürde als grundgesetzliche Anerkennungsgemeinschaft

4. Inhalt des Versprechens gegenseitiger Anerkennung im Art. 1 Abs. 1 GG

a) Sozialer Wert und Achtungsanspruch

b) Wechselseitige Voraussetzung von privater und öffentlicher Autonomie

c) Schutz der grundlegenden Voraussetzungen zur Realisierung von Autonomie

d) Schutz der zum Diskurs Unfähigen

VIII. Konsequenzen für die Anfragen an die Interpretation des Art. 1 Abs. 1 GG

1. Schutz des Menschen vor sich selbst und objektive Verfassungsordnung

2. Personelle Reichweite der Menschenwürde

3. Unverletzbarkeit und Menschenwürde als Verfassungsprinzip

4. Zusammenhang zwischen Menschenwürde und Leben

a) Begründung des Lebensrechtes

aa) Lehre von der „Heiligkeit“ des Lebens

bb) Lehre von der Qualität des Lebens und das Überlebensinteresse

cc) „Investitionsfrustrationsmodell“ nach Dworkin

dd) Begründung des Lebensrechtes in der Menschenwürde

b) Absoluter Lebensschutz?

c) Gleichberechtigtes Lebensrecht

d) Lebenspflicht als Teil der Schutzpflicht?

e) Zwischenresümee zum Lebensrecht

5. Recht auf ein menschenwürdiges Sterben?

a) Recht auf einen würdevollen Tod?

b) Recht auf Basisversorgung

c) Recht auf den selbstbestimmten Todeszeitpunkt?

§ 8 Die Unterscheidung zwischen aktiver und passiver Sterbehilfe im Verfassungsrecht

I. Teleologische versus deontologische Ethik

II. Moralisch/verfassungsrechtlich signifikanter Unterschied zwischen aktiver und passiver Sterbehilfe

1. Moralische Intuition

2. Handeln und Unterlassen

3. Absichten

a) Keine Kongruenz zwischen Töten/Tötungsabsicht und Sterbenlassen/keine Tötungsabsicht

b) Rechtsgüterschutz oder Gesinnungsunterscheidung?

c) Absicht bei der passiven Sterbehilfe

4. Kombination von Absicht und verwendetem Mittel

5. Risiko der Fehleinschätzung

6. Dammbruch-Argument

7. Kausalität

8. Verfügung über fremdes Leben

9. Eingriff in die Autonomie (des Lebens)

I. Begründung der Schutzpflicht des Staates (Gesetzgebers) für das Leben

II. Schutzrichtung

1. Schutz vor Dritten

2. Schutz des Menschen vor sich selbst?

a) Schutz von Geisteskranken

b) Schutz von Minderjährigen

c) Schutz vor autonomen Entscheidungen gegen das eigene Leben

d) Schutz zugunsten Dritter

III. Inhalt und Reichweite der staatlichen Schutzpflicht (Untermaßverbot)

§ 10 Verfügungsbefugnis des Rechtsgutträgers über sein Leben

I. Passiver Suizid

II. Aktiver Suizid

1. Auswahl der primär zu untersuchenden Grundrechtsnorm

2. Wortlaut (bzw. grammatische Methode)

3. Genetisch-historische Auslegung

4. Systematische Auslegung im engeren Sinn

a) Unmittelbarer Kontext im Art. 2 GG

b) Tabuisierung der Tötung in Art. 102 GG?

c) Widerspruch zu den Grundpflichten in Art. 6 Abs. 1 u. 2 und 12a GG?

5. Verstoß gegen die Menschenwürde

a) Objektbehandlung

b) „Biologistische“ oder Eigenwert-Argumentation

c) Objektiv aufgegebene Menschenwürde

6. Struktur der Freiheitsrechte

7. Teleologische Auslegung

a) Freiwilligkeit des Suizids

b) Irreversibler Grundrechtsverzicht

c) Verpflichtung des Gesetzgebers zum Schutz des Grundrechtsträgers vor sich selbst?

d) Leben als subjektives oder objektiviertes Schutzgut

8. Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG als Freiheitsrecht am eigenen Körper

III. Aktive Sterbehilfe

1. Wortlaut

2. Genetisch-historische Auslegung

3. Systematische Auslegung: Struktur der Freiheitsrechte: status negativus oder status positivus

4. Verstoß gegen die Menschenwürde

a) Fremdverfügung

b) Objektbehandlung

c) „Biologistische“ Argumentation

d) Objektiv aufgegebene Achtung der Menschenwürde

5. Irreversibler Grundrechtsverzicht

6. Schutzpflicht des Gesetzgebers

7. Freiverantwortlichkeit der Entscheidung

8. Zwischenergebnis: Aktive Sterbehilfe im Schutzbereich des Freiheitsrechtes am eigenen Körper

§ 11 Staatliche Leistungspflicht zur Tötung auf Verlangen?

§ 12 Zwischenergebnis zur verfassungsrechtlichen Grundlegung

Drittes Kapitel: Darf der Staat die aktive Sterbehilfe erlauben?

§ 13 Staatliche Pflicht zum strafrechtlichen Schutz vor „unfreiwilliger aktiver Sterbehilfe“

I. Begründung des Tötungsverbots

1. Tötungshandlungsverbot

2. Lebensgebot

3. Lebensrecht

II. Keine Eingriffsrechtfertigung

III. Staatliche Schutzpflicht und Untermaßverbot

§ 14 Freiwillige aktive Sterbehilfe zwischen Selbstbestimmung und Lebensschutz. Exkurs: Aktive Sterbehilfe in den Niederlanden

I. Pflicht zum Schutz des Sterbewilligen vor sich selbst?

II. Konkrete Schutzpflicht zugunsten Dritter (Schutz vor Mißbrauch)

III. Abstrakte Schutzpflicht zugunsten Dritter (Dammbruchargument)

1. Logische Version des Dammbrucharguments

2. Psychologische oder empirische Version des Dammbrucharguments

IV. Freiwillige aktive Sterbehilfe bei Jugendlichen und Kindern

1. „Grundrechtsmündigkeit“

2. Befugnis des Gesetzgebers zur Zulässigkeit der aktiven Sterbehilfe bei grundrechtsmündigen Minderjährigen

3. Konflikte zwischen dem Willen der Eltern und dem des Minderjährigen

a) Minderjähriger pro/Eltern contra aktive Sterbehilfe

b) Minderjähriger contra/Eltern pro aktive Sterbehilfe

4. Treuhänderische Entscheidung durch die Eltern

V. Exkurs: Aktive Sterbehilfe in den Niederlanden und der effektive Lebensschutz

VI. Ergebnis zur freiwilligen aktiven Sterbehilfe

§ 15 Antizipative aktive Sterbehilfe (bei Hirntoten) und Stellvertreterentscheidung

I. Patientenverfügung und Stellvertretung bei der passiven Sterbehilfe

1. Patientenverfügung

2. Vorsorgevollmacht

3. Betreuerbestellung

II. Organtransplantation und aktive Sterbehilfe

1. Todesdefinition

2. Todeskriterien

3. Historische Argumentation und „Vorteile“ des Hirntodkriteriums

4. Überzeugendes Todeskriterium

a) Biologisches Argument

b) Mentales Argument

5. Normative Rückfrage: Die zutreffende Todesdefinition

6. Organexplantation als Form der aktiven Sterbehilfe

a) Keine direkte Tötung?

b) Zulässigkeit der Organexplantation trotz Tötungshandlung

III. Antizipative Verfügungsbefugnis über das eigene Leben

1. Grundsatz: Antizipative Tötung auf Verlangen

2. Selbstbestimmung über den zukünftigen (unmündigen) Willen

3. Stellvertretung

4. Tötung zugunsten von Fremdinteressen?

5. Mißbrauchs- und Dammbruchgefahr

6. Ergebnis zur antizipativen aktiven Sterbehilfe

§ 16 Nichtfreiwillige aktive Sterbehilfe am Beispiel der Früheuthanasie

I. Äquivalenzthese und prinzipielles Tötungshandlungsverbot

II. Aktive Sterbehilfe aus Fremdinteressen und Organtransplantation

1. Grundsatz des Tötungsverbots aus Fremdinteressen

2. Konsequentialistischer Einwand

3. Ersetzung der Einwilligung durch die Eltern

III. Zulässigkeit der nichtfreiwilligen indirekten Sterbehilfe

IV. Zulässigkeit der nichtfreiwilligen aktiven Sterbehilfe

V. Tötung gegen den Willen der Eltern?

VI. Ergebnis zur nichtfreiwilligen aktiven Sterbehilfe

§ 17 Zweifelsfälle zwischen un-, nicht- und freiwilliger aktiver Sterbehilfe

Viertes Kapitel: Darf der Staat die aktive Sterbehilfe strafrechtlich verbieten?

§ 18 Pönalisierung der unfreiwilligen aktiven Sterbehilfe

§ 19 Verletzung des Übermaßverbots durch § 216 StGB?

I. Grundrechtseingriff beim Arzt

1. Eingriff in die Gewissensfreiheit (Art. 4 Abs. 1 Var. 2 GG)

2. Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG)

II. Grundrechtseingriff beim Patienten

III. Zulässiger Gesetzeszweck

1. Motive des Gesetzgebers: „Unveräußerliches Gut“

2. Tabubruch, absoluter Lebensschutz, Freiwilligkeit u. a.

3. Schutz vor sich selbst

4. Konkreter Schutz Dritter

5. Ausweitungseffekte/Dammbruch

6. Ärztliches Ethos

7. Solidarität mit dem Sterbenden

8. Abstraktes Gefährdungsdelikt

IV. Geeignetheit und Erforderlichkeit

V. Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne

1. Angemessenheit des Verhaltensverbots

a) Angemessenheit gegenüber dem Arzt

aa) Gewissensfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG)

bb) Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG)

b) Angemessenheit gegenüber dem Patienten

2. Angemessenheit der Sanktionsandrohung (gegenüber dem Arzt)

a) Dem Patienten gegenüber unangemessenes Verhaltensverbot

b) Dem Patienten gegenüber angemessenes Verhaltensverbot

3. Schuldangemessenheit des Sanktionsmittels (gegenüber dem Arzt) und Gerechtigkeitsgleichheit

a) Verhältnismäßigkeit

b) Relative Gerechtigkeitsgleichheit

VI. Exkurs: Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde

VII. Ergebnis zu § 216 StGB

§ 20 Verbot antizipativer aktiver Sterbehilfe (an Organspendern)

I. Verletzung der Grundrechte des sterbenden Patienten?

II. Verbot der Organtransplantation und Verletzung der Grundrechte der potentiellen Organempfänger

§ 21 Untersagung der nichtfreiwilligen aktiven (und indirekten) Sterbehilfe

I. Allgemeines Verbot

II. Vereinbarkeit mit dem Elternprimat zur Bestimmung des Kindeswohls

Fünftes Kapitel: Ergebnisse und Ausblick

§ 22 Lebensschutz durch Verfahren

I. Idee des Grundrechtsschutzes durch Verfahren

II. Ethikkommissionen

III. „Richter über Leben und Tod“?

§ 23 Konsequenzen für die strafrechtliche Regelung. Ein Gesetzgebungsvorschlag

§ 24 Exkurs: Passive Sterbehilfe aus verfassungsrechtlicher Sicht

I. Freiwillige passive Sterbehilfe

II. Nichtfreiwillige passive Sterbehilfe

III. Zwischen freiwilliger und nichtfreiwilliger passiver Sterbehilfe

IV. Unfreiwillige passive Sterbehilfe

§ 25 Abschließender Leitgedanke

Literaturverzeichnis

Sachregister