Das Völkerstrafgesetzbuch und das Verbot der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht :Zur Frage der Zulässigkeit von strafgesetzlichen Verweisungen auf Völkergewohnheitsrecht im Hinblick auf das Verbot der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht nach Artikel 103 Absatz 2 des Grundgesetzes ( Beiträge zum Internationalen und Europäischen Strafrecht )

Publication subTitle :Zur Frage der Zulässigkeit von strafgesetzlichen Verweisungen auf Völkergewohnheitsrecht im Hinblick auf das Verbot der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht nach Artikel 103 Absatz 2 des Grundgesetzes

Publication series :Beiträge zum Internationalen und Europäischen Strafrecht

Author: Kuhli   Milan  

Publisher: Duncker & Humblot GmbH‎

Publication year: 2010

E-ISBN: 9783428530694

P-ISBN(Paperback): 9783428130696

Subject:

Keyword: Rechts- und Staatswissenschaften

Language: GER

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Description

Die Aktualität des Verbots der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht nach Art. 103 II GG (nulla poena sine lege) ergibt sich beim Völkerstrafgesetzbuch dadurch, dass dieses Gesetz in seinen Tatbeständen dynamisch auf Völkergewohnheitsrecht verweist. In der vorliegenden Publikation beschäftigt sich der Autor mit der Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit derartiger Verweise. Unter Anwendung der ratio des Verbots der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht werden Kriterien dafür entwickelt, wann strafgesetzliche Verweisungen auf Gewohnheitsrecht von Art. 103 II GG erfasst werden. Während dies die Frage des Schutzbereichs dieser Verfassungsnorm betrifft, ist hiervon das Problem zu unterscheiden, ob Art. 103 II GG einer Abwägung durch kollidierendes Verfassungsrecht zugänglich ist. In einem Exkurs wird die juristische Diskussion um die Anwendung des Rückwirkungsverbots bei der Verurteilung der sogenannten Mauerschützen reflektiert. Abweichend von der dort geltenden überwiegenden Meinung kommt der Autor zum Ergebnis, dass Art. 103 II GG durchaus einer Abwägung durch kollidierendes Verfassungsrecht zugänglich sein kann. Da jedoch für die vorliegende Fallgestaltung derartiges Verfassungsrecht nicht zu erkennen ist, sind diejenigen Tatbestände des Völkerstrafgesetzbuchs, die in den Schutzbereich des Art. 103 II GG eingreifen, zugleich verfassungswidrig. Die Arbeit wurde mit dem Werner-Pünder-Preis 2009 ausgezeichnet.

Chapter

Vorwort

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

A. Einleitung

I. Zur Problematik

II. Zum Gang der Darstellung

III. Zum Untersuchungsmaßstab

B. Das Völkerstrafgesetzbuch

I. Gesetzgeberische Ziele

1. Allgemeines

2. Erstes Ziel: Erfassung des spezifischen Unrechts der Verbrechen gegen das Völkerrecht

3. Zweites Ziel: Anpassung des deutschen Strafrechts an das Römische Statut

4. Drittes Ziel: Verbesserung der Rechtsklarheit und Steigerung der Handhabbarkeit in der Praxis durch Normierungen in einem einheitlichen Regelungswerk

5. Viertes Ziel: Förderung und Verbreitung des humanitären Völkerrechts

II. Inhalt und Struktur des Völkerstrafgesetzbuchs

1. Teil 1: Allgemeine Regelungen (§§ 1 bis 5 VStGB)

2. Teil 2: Straftaten gegen das Völkerrecht (§§ 6 bis 14 VStGB)

a) Abschnitt 1: Völkermord (§ 6 VStGB) und Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 VStGB)

aa) Völkermord (§ 6 VStGB)

bb) Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 VStGB)

b) Abschnitt 2: Kriegsverbrechen (§§ 8 bis 12 VStGB)

c) Abschnitt 3: Sonstige Straftaten (Verletzung der Aufsichtspflicht [§ 13 VStGB] und Unterlassen der Meldung einer Straftat [§ 14 VStGB])

C. Das Verbot der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht

I. Das Verbot der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht im deutschen Recht

1. Anwendungsbereich des Art. 103 Abs. 2 GG

2. ratio des Verbots der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht nach Art. 103 Abs. 2 GG

a) Das Demokratieprinzip

aa) Allgemeines

bb) Das Demokratieprinzip als Grundlage des Verbots der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht

b) Die Theorie der Generalprävention

aa) Zur Theorie der Generalprävention auf der Ebene der konkreten Strafanwendung

bb) Zur Theorie der Generalprävention auf der Ebene der Strafdrohung

cc) Zusammenfassung

c) Rechtsstaatliche Prinzipien

aa) Das Prinzip der Rechtssicherheit

bb) Der Grundsatz der Gewaltenteilung

(1) Allgemeines

(2) Das Gewaltenteilungsprinzip als Grundlage des Verbots der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht

cc) Das Schuldprinzip

(1) Allgemeines

(2) Das Schuldprinzip als Grundlage des Verbots der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht

d) Zusammenfassung zur ratio des Verbots der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht nach Art. 103 Abs. 2 GG

3. Inhalt und Reichweite des Verbots der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht nach Art. 103 Abs. 2 GG

a) Zum Begriff des Gewohnheitsrechts

b) Fallgruppen, die nicht unter das Verbot der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht nach Art. 103 Abs. 2 GG fallen sollen

aa) Gewohnheitsrechtliche Bildung von Straffreistellungsgründen

bb) desuetudo (Nichtanwendung bestehender Strafgesetze auf Grund gemeinsamer Rechtsüberzeugung

cc) Gewohnheitsrechtliche Tatbestandseinengung durch milde Auslegung

dd) Anwendung von Gewohnheitsrecht im Allgemeinen Teil des materiellen Strafrechts

(1) Im Besonderen: Gewohnheitsrechtliche Einschränkung von Rechtfertigungsgründen

(2) Im Allgemeinen: Anwendung von Gewohnheitsrecht im Allgemeinen Teil des materiellen Strafrechts

ee) Heranziehung gewohnheitsrechtlicher Sätze anderer Rechtsgebiete

ff) Zusammenfassung und Systematisierung der Fallgruppen

II. Das Verbot der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht im Völkerrecht?

D. Verstoß der auf Völkergewohnheitsrecht verweisenden VStGB-Tatbestände gegen das Verbot der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht nach Art. 103 Abs. 2 GG

I. Einleitung

II. Vorliegen eines dynamischen Verweises auf Völkergewohnheitsrecht

1. § 7 Abs. 1 Nr. 4 VStGB (Vertreibung oder zwangsweise Überführung)

a) „Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des Opfers“

b) „Verstoß gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts“

2. § 7 Abs. 1 Nr. 5 VStGB (Folter)

3. § 7 Abs. 1 Nr. 9 VStGB (Freiheitsentziehung)

4. § 7 Abs. 1 Nr. 10 Var. 8 VStGB (Verfolgung)

5. § 8 Abs. 1 Nr. 6 VStGB (Vertreibung oder zwangsweise Überführung)

6. § 8 Abs. 1 Nr. 7 VStGB (Bestrafung ohne ordentliches Verfahren)

7. § 9 Abs. 1 VStGB (Plünderung oder Zerstörung von Sachen)

8. § 9 Abs. 2 VStGB (Aufhebung und Aussetzung von Rechten und Forderungen)

9. § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VStGB (Angriffe gegen Hilfsmissionen und friedenserhaltende Missionen)

10. § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VStGB (Angriffe gegen durch das Schutzzeichen der Genfer Abkommen gekennzeichnete Personen und Objekte)

11. § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VStGB (Angriffe auf zivile Objekte)

12. § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Alt. 2 VStGB (Aushungern der Zivilbevölkerung)

13. Zusammenfassung

III. Eingriff in den Schutzbereich des Verbots der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht nach Art. 103 Abs. 2 GG

1. Einleitung

2. Einschlägigkeit des Verbots der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht nach Art. 103 Abs. 2 GG bei Strafbegründung durch Völkergewohnheitsrecht

a) Einleitung

b) Zur Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes

c) Zur völkerrechtskonformen Auslegung des deutschen Rechts

aa) Allgemeines

(1) Zur völkerrechtskonformen Auslegung des einfachen deutschen Rechts

(2) Zur völkerrechtskonformen Auslegung des deutschen Verfassungsrechts

bb) Allgemeine Grenzen der völkerrechtskonformen Auslegung deutschen Rechts

d) Exkurs: Die Diskussion um die Völkerrechtsfreundlichkeit des Rückwirkungsverbots nach Art. 103 Abs. 2 GG im Zusammenhang mit den Mauerschützenprozessen

aa) Allgemeines zu den Mauerschützenfällen

bb) Die Mauerschützenrechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Rückwirkungsverbot

cc) Die Mauerschützenrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Rückwirkungsverbot

dd) Die Literatur zur Frage einer völkerrechtskonformen Auslegung des Rückwirkungsverbots

(1) Nolte

(2) Werle

(3) Krajewski

e) Zur Frage einer völkerrechtskonformen Auslegung des Art. 103 Abs. 2 GG im vorliegenden Fall

aa) Völkerrechtskonforme Auslegung wegen völkerrechtlicher Bestrafungspflichten

bb) Völkerrechtskonforme Auslegung wegen völkergewohnheitsrechtlicher self-executing-Strafbestimmungen

(1) Grenze einer völkerrechtskonformen Auslegung: Möglicher Wortsinn des Art. 103 Abs. 2 GG

(2) Grenze einer völkerrechtskonformen Auslegung: Erkennbarer Zweck des Verbots der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht nach Art. 103 Abs. 2 GG

(3) Grenze einer völkerrechtskonformen Auslegung: Verbot der Minderung des nationalen Grundrechtsschutzes

f) Zusammenfassung zur Frage der Einschlägigkeit des Verbots der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht nach Art. 103 Abs. 2 GG bei Strafbegründung durch Völkergewohnheitsrecht

3. Einschlägigkeit des Verbots der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht nach Art. 103 Abs. 2 GG bei formellgesetzlichen dynamischen Verweisungen auf Gewohnheitsrecht

a) Zulässigkeitskriterien für formellgesetzliche dynamische Verweisungen auf Gewohnheitsrecht

b) Anwendung auf die Tatbestände des Völkerstrafgesetzbuchs

aa) § 7 Abs. 1 Nr. 4 VStGB (Vertreibung oder zwangsweise Überführung)

bb) § 7 Abs. 1 Nr. 5 VStGB (Folter)

cc) § 7 Abs. 1 Nr. 9 VStGB (Freiheitsentziehung)

dd) § 7 Abs. 1 Nr. 10 Var. 8 VStGB (Verfolgung)

ee) § 8 Abs. 1 Nr. 6 VStGB (Vertreibung oder zwangsweise Überführung)

ff) § 9 Abs. 1 VStGB (Plünderung oder Zerstörung von Sachen)

gg) § 9 Abs. 2 VStGB (Aufhebung und Aussetzung von Rechten und Forderungen)

hh) § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VStGB (Angriffe gegen durch das Schutzzeichen der Genfer Abkommen gekennzeichnete Personen und Objekte)

ii) § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VStGB (Angriffe auf zivile Objekte)

jj) § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Alt. 2 VStGB (Aushungern der Zivilbevölkerung)

kk) Zusammenfassung

c) Exkurs: Übertragung der vorliegenden Kriterien auf sonstige Fälle der mittelbaren Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht

aa) Zur Anwendung von Gewohnheitsrecht im Allgemeinen Teil des materiellen Strafrechts

bb) Zur Heranziehung gewohnheitsrechtlicher Sätze anderer Rechtsgebiete

cc) Zu den Fällen der mittelbar nachteiligen Auswirkungen der gewohnheitsrechtlichen Bildung von Straffreistellungsgründen auf die Strafbarkeit Dritter (am Beispiel von § 32 StGB)

IV. Möglichkeit der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung eines Eingriffs in das Verbot der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht nach Art. 103 Abs. 2 GG

1. Allgemeines zum Rechtsinstitut der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung durch kollidierendes Verfassungsrecht

2. Abwägbarkeit des aus Art. 103 Abs. 2 GG folgenden Verbots der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht

a) Exkurs: Die Diskussion um die Einschränkbarkeit des Art. 103 Abs. 2 GG im Zusammenhang mit den Mauerschützenprozessen

aa) Der Mauerschützenbeschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 95, 96 ff.)

bb) Die im Zusammenhang mit den Mauerschützenprozessen geführte Diskussion um eine Einschränkbarkeit des Art. 103 Abs. 2 GG

b) Eigene Stellungnahme zur Einschränkbarkeit des Verbots der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht nach Art. 103 Abs. 2 GG

aa) Wortlaut des Art. 103 Abs. 2 GG

bb) Das strafrechtliche Gesetzlichkeitsprinzip als strenge Grenze zwischen der Staatsgewalt und der Freiheit des Bürgers

cc) Vorbehalt der Bundesrepublik Deutschland zu Art. 7 Abs. 2 EMRK

(1) Zu den Einzelprinzipien des Art. 7 EMRK

(a) Schutzgehalt des Art. 7 Abs. 1 EMRK

(b) Art. 7 Abs. 2 EMRK

(2) Vorbehalt der Bundesrepublik Deutschland zu Art. 7 Abs. 2 EMRK als Argument gegen eine Einschränkbarkeit des Art. 103 Abs. 2 GG?

c) Zusammenfassung

3. Kollidierendes Verfassungsrecht im Falle von Gesetzen, die dynamisch auf Völkergewohnheitsrecht verweisen

a) Einleitung

b) Völkergewohnheitsrechtliche self-executing-Strafbestimmungen im Zusammenwirken mit Art. 25 GG

c) Staatliche Schutzpflichten (am Beispiel der staatlichen Schutzpflicht für Leib und Leben)

aa) Herleitung der staatlichen Schutzpflicht für Leib und Leben

bb) Zur Frage einer Kollision

d) Zusammenfassung

V. Zusammenfassung zur Frage der Vereinbarkeit der untersuchten Tatbestände des Völkerstrafgesetzbuchs mit dem Verbot der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht nach Art. 103 Abs. 2 GG

E. Rechtspolitischer Ausblick: Änderung des Art. 103 Abs. 2 GG?

F. Zusammenfassung und Thesen

I. Zur Auslegung des Völkerstrafgesetzbuchs

II. Zur ratio des aus Art. 103 Abs. 2 GG folgenden Verbots der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht

III. Zur Frage der Einschlägigkeit des Verbots der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht nach Art. 103 Abs. 2 GG bei Strafbegründung durch Völkergewohnheitsrecht

IV. Zur Frage der Einschlägigkeit des Verbots der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht nach Art. 103 Abs. 2 GG bei formellgesetzlicher dynamischer Verweisung auf Gewohnheitsrecht

V. Zur Frage der Abwägbarkeit des aus Art. 103 Abs. 2 GG folgenden Verbots der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht mit kollidierendem Verfassungsrecht

VI. Zur Frage, ob Verfassungsrecht existiert,das formellgesetzliche dynamische Verweisungen auf Gewohnheitsrecht gebietet

VII. Zur Frage einer Änderung des Art. 103 Abs. 2 GG

VIII. Zur Frage der Vereinbarkeit der untersuchten Tatbestände des Völkerstrafgesetzbuchs mit dem Verbot der Strafbegründung durch Gewohnheitsrecht nach Art. 103 Abs. 2 GG

Literaturverzeichnis

Sachverzeichnis

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