Description
Die vorliegende Freundesgabe für den 80. Geburtstag von Helmut Quaritsch am 20. April 2010 befasst sich mit verschiedenen Themen, die einen engen Bezug zum wissenschaftlichen Werk des Jubilars besitzen. Im Mittelpunkt stehen dabei spezielle Souveränitätsprobleme. Dietrich Murswiek beschäftigt sich mit der Frage, inwiefern der Grundsatz der souveränen Staatlichkeit, der durch die europäische Einigung auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht in Frage gestellt wird, dem europäischen Einigungsprozess Grenzen setzt. Mit dem Spannungsverhältnis von staatlicher Souveränität und universellen Menschenrechten, die ihre Quelle im älteren Naturrecht finden, befasst sich auf theoretischer Basis der Beitrag von Gerd Roellecke. Die Rolle der Partei zum Staat im ehemaligen Ostblock und besonders das Verhältnis der KPdSU zur SED als Ausprägung einer extrem beschränkten, in dieser Form bis dahin nicht gekannten "Souveränität neuen Typs" ist Gegenstand des Beitrages von Wolfgang Schuller. Die Folgen der historisch bedingten "Souveränitätsbeschränkung" Deutschlands im Wehrbereich beschäftigen Heinrich Amadeus Wolff am Beispiel der Einsatzmöglichkeiten der Streitkräfte zur Pirateriebekämpfung. Ein Problem aus dem komplexen Zwischenbereich von Verfassung und verfassungsgebender Gewalt behandelt Hans-Christof Kraus, der in seinem Beitrag einige Überlegungen aus den Jahren 1951/52 zur Möglichkeit der Wiedereinführung einer parlamentarischen Monarchie unter den Bedingungen des Grundgesetzes rekonstruiert, ausgehend von einem bisher nicht bekannten Briefwechsel zwischen Hans-Joachim Schoeps und Ernst Rudolf Huber. Bei einer Freundesgabe für Helmut Quaritsch darf schließlich ein Beitrag zu Carl Schmitt nicht fehlen: Piet Tommissen befasst sich mit der im deutschen Sprachraum nur wenig zur Kenntnis genommenen Entdeckung und Rezeption Carl Schmitts durch den französischen Politikwissenschaftler Julien Freund.
Chapter
Piet Tommissen: Über Julien Freunds ,Entdeckung‘ von Carl Schmitt und einige ihrer Folgen
Wolfgang Schuller: Souveränitätsbeschränkungen neuen Typus
Hans-Christof Kraus: Eine Monarchie unter dem Grundgesetz? Hans-Joachim Schoeps, Ernst Rudolf Huber und die Frage einer monarchischen Restauration in der frühen Bundesrepublik
Gerd Roellecke: Menschenrechte und Souveränität erneut bedacht
I. Schwäche überwindet Stärke
II. Die Stärke der Schwäche
V. Menschenrechte und Souveränität
Dietrich Murswiek: Der Grundsatz der souveränen Staatlichkeit als unabänderliches Verfassungsprinzip
I. Souveräne Staatlichkeit – ein Verfassungsprinzip?
II. Der Grundsatz der souveränen Staatlichkeit im Grundgesetz – im Lissabon-Verfahren von mir vertretene Position
1. Der Grundsatz der souveränen Staatlichkeit als unabänderliches Verfassungsprinzip
a) Die souveräne Staatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland als rechtliche Verfassungsvoraussetzung und als Grundentscheidung des Verfassunggebers
b) Das Grundgesetz als Verfassung eines souveränen Staates
2. Der Grundsatz der souveränen Staatlichkeit und die Grundsätze der offenen Staatlichkeit und Europafreundlichkeit des Grundgesetzes
3. Die inhaltliche Reichweite des Grundsatzes der souveränen Staatlichkeit
a) Souveräne Staatlichkeit als Staatlichkeit im Sinne des Völkerrechts?
b) Souveräne Staatlichkeit im Sinne des Staatsrechts oder der Allgemeinen Staatslehre?
c) Qualitative und quantitative Ansätze zur Konkretisierung des Grundsatzes der souveränen Staatlichkeit
(1) Verfassunggebende Gewalt
(2) „Herrschaft über die Verträge“
(4) Flächendeckende/partielle Kompetenzen
(5) Kernfunktionen der Staatlichkeit
(1) Quantität der Rechtsetzungskompetenzen
(2) Quantität von Elementen der Staatlichkeit
cc) Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung als Kriterium für den Ausschluß des Übergangs der Staatlichkeit an die Europäische Union?
4. Die europäische Staatswerdung als dynamischer Prozeß
III. Der Grundsatz der souveränen Staatlichkeit im Lissabon-Urteil des Bundesverfassungsgerichts
1. Souveräne Staatlichkeit als Prüfungsmaßstab für die Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Union
2. Ableitung des Grundsatzes der souveränen Staatlichkeit aus dem Grundgesetz
3. Konsequenzen für die Grenzen der europäischen Integration
a) Absolute Grenzen der europäischen Integration
b) Relative Grenzen der europäischen Integration
c) Die verfahrensrechtliche Absicherung der souveränen Staatlichkeit
Heinrich Amadeus Wolff: Die Wehrverfassung als Beispiel eigener Souveränitätsbeschränkung
1. Die Wehrverfassung als Ausdruck beschränkter Souveränität
2. Das permanente Ringen um die Wehrverfassung
3. Die Bekämpfung der Piraterie mit Unterstützung der Marine als aktuelles Problem
a) Die Piraterie als altes und neues aktuelles Problem
c) Die Einsätze im Rahmen eines Systems der kollektiven Sicherheit
4. Die Instrumentalisierung der Probleme zur Erreichung verfassungspolitischer Fernziele
II. Die verfassungsrechtliche Bewertung des Einsatzes der Marine zur Bekämpfung der Piraterie
1. Pirateriebekämpfung als Problem des Auslandseinsatzes
5. Art. 27 GG als Fall der ausdrücklichen Zulassung
6. Art. 25 GG als Fall der ausdrücklichen Zulassung
a) Die Parallele zu Art. 24 Abs. 2 GG
b) Allgemeine Regeln des Völkerrechts
c) Die völkerrechtliche Ächtung der Piraterie
d) Die Relevanz dieser Regeln für Art. 87a Abs. 2 GG
III. Beschränkung des Art. 87a GG auf Inlandseinsätze
2. Die Gründe für eine Reduktion
a) Verhältnis zu Art. 143 GG (2. Fassung) a. F.
c) Verhältnis zu Art. 35 Abs. 2, 3 und Art. 87a Abs. 3, 4 GG
d) Verhältnis zu Art. 24 GG
e) Stellung im Abschnitt über die Verwaltungskompetenzen
f) Funktionelle Ergänzung zum Parlamentsvorbehalt
aa) Beschränkung des Parlamentsvorbehalts auf Auslandseinsätze
bb) Folgerung für Art. 87a Abs. 2 GG
g) Wahrung der innenpolitischen Neutralität
3. Kein wehrverfassungsrechtliches Trennungsverbot
4. Erfordernis einer ausreichend bestimmten Eingriffsgrundlage für die Streitkräfte
IV. Folgen für die Reformdiskussion
1. Erfordernis einer hinreichend gefestigten Interpretation
3. Erfordernis einer Verfassungsänderung