Verfassungsgerichtliche Übergangsfristen im Mehrebenensystem :Am Beispiel der Sportwetten ( Schriften zum Öffentlichen Recht )

Publication subTitle :Am Beispiel der Sportwetten

Publication series :Schriften zum Öffentlichen Recht

Author: Willers   Christian  

Publisher: Duncker & Humblot GmbH‎

Publication year: 2011

E-ISBN: 9783428536047

P-ISBN(Paperback): 9783428136049

Subject:

Keyword: Rechts- und Staatswissenschaften

Language: GER

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Description

In der Rechtsprechung des BVerfG ist es üblich, die Nichtigkeitsfolge eines verfassungswidrigen Gesetzes durch sog. Übergangsfristen zu umgehen. Eine verfassungswidrige Regelung darf auf diesem Wege für eine Übergangszeit weiter angewandt werden. Komplexe Schwierigkeiten treten auf, wenn ein Gesetz gleichermaßen gegen deutsches Verfassungsrecht wie auch gegen Unionsrecht verstößt. Deutlich geworden ist dies in der Rechtsprechung des BVerfG und der Verwaltungsgerichte zu den Sportwetten. Das BVerfG hat in seiner Sportwettenentscheidung das bayerische Sportwettengesetz nicht zugleich am Maßstab des Unionsrechts geprüft, sondern sich bezüglich dieser Frage für unzuständig erklärt. Die Nichtberücksichtigung des Unionsrechts führte während der Übergangszeit dazu, dass es in der Rechtsprechungspraxis der Verwaltungsgerichte zu einem Zustand der Rechtsunsicherheit kam. Diese mussten nämlich die Vereinbarkeit der Sportwettengesetze mit den Grundfreiheiten prüfen. Das OVG Münster ist diesbezüglich sogar von einer Durchbrechung des Anwendungsvorrangs ausgegangen. Das sich aufzeigende Problem des Mehrebenensystems kann durch die Integration des Unionsrechts in das Verfassungsbeschwerdeverfahren behoben werden. Für diese Weiterentwicklung des Verhältnisses des BVerfG zum Gerichtshof der Union lässt sich als Vergleichsfolie auch das Verhältnis der Landesverfassungsgerichte zum BVerfG fruchtbar machen, weil der Prüfungsmaßstab der Landesverfassungsgerichte auch das Bundesrecht umfasst.

Chapter

Vorwort

Inhaltsverzeichnis

A. Einleitung

I. Anlass der Untersuchung

1. Sportwettenentscheidung des Bundesverfassungsgerichts

2. Rechtsprechung der Instanzgerichte in der Folgezeit

3. Die Union als föderales Mehrebenensystem

II. Gang der Untersuchung

1. Übergangsfristen durch das Bundesverfassungsgericht

2. Konflikte mit dem Unionsrecht

3. Vergleichsfolie: Bundesverfassungsgericht und Landesverfassungsgerichte

4. Prüfung deutscher Hoheitsakte am Maßstab des Unionsrechts

5. Zusammenfassung der Ergebnisse

B. Übergangsfristen durch das Bundesverfassungsgericht

I. Begriffsbestimmung

II. Rechtliche Ausgangslage

1. Vorgaben des Verfassungsrechts

a) Theorie der ipso-iure-Nichtigkeit

aa) Art. 100 Abs. 1 GG

bb) Stufenbau der Rechtsordnung

cc) Art. 31 GG

dd) Zusammenfassung

b) Rechtsvergleichender Exkurs

aa) Republik Österreich

bb) Europäische Union

c) Vernichtbarkeitslehre

d) Standpunkt des Bundesverfassungsgerichts

e) Zusammenfassung und praktische Auswirkungen des Meinungsstreits

2. Vorgaben des einfachen Verfassungsprozessrechts

a) Situation bis zum 4. Änderungsgesetz 1970

b) Nachträgliche Billigung durch den Gesetzgeber?

III. Entwicklung der Unvereinbarerklärung durch das Bundesverfassungsgericht

1. Notwendigkeit der Unvereinbarerklärung

2. Fallgruppen

a) Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers

aa) Gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss

bb) Freiheitsrechte

b) Das Chaos-Argument

aa) Besoldungsfälle

bb) Statusfälle

cc) Steuerrechtsfälle

IV. Fehlerfolgen eines verfassungswidrigen Gesetzes

1. Nichtigkeitserklärung

a) Ex-tunc-Wirkung

b) § 79 BVerfGG

c) Wiederaufleben des Altrechts

2. Unvereinbarerklärung

a) Pflicht des Gesetzgebers zur verfassungsmäßigen Neuregelung

b) Anwendungssperre

c) Keine Wiederaufnahme rechtskräftig abgeschlossener Verfahren

d) Anlassfälle, Parallelfälle und Parallelnormfälle

aa) Anlassfälle

bb) Parallelfälle

cc) Parallelnormen

(1) Definition

(2) Keine Bindung des Gesetzgebers, der Behörden und Fachgerichte

(3) Gleichbehandlung von Parallelfällen und Parallelnormfällen

(4) Beseitigungspflicht des Normgebers

(5) Besonderheiten bei den Sportwetten

(6) Auflösung des Problems

e) Ausnahmen von der Anwendungssperre

aa) Weiteranwendung der für unvereinbar erklärten Norm

bb) Kompetenz zur Anordnung der Weiteranwendung

C. Konflikte mit dem Unionsrecht

I. Rechtsunsicherheit nach der Sportwettenentscheidung

1. Sportwettenentscheidung

2. EuGH-Rechtsprechung zum Glücksspielrecht

a) „Gambelli-Entscheidung“

b) „Placanica-Entscheidung“

3. Rechtsprechungspraxis im Anschluss an die Sportwettenentscheidung

a) Sofortige Nichtanwendung unionsrechtswidriger nationaler Normen

b) Kein Verstoß gegen Unionsrecht wegen der verlangten Modifikationen

c) Durchbrechung des Anwendungsvorrangs

aa) VGH Kassel

bb) OVG Münster

cc) Anmerkungen

(1) „CIA Security-Entscheidung“

(2) Art. 264 Abs. 2 AEUV

(3) Generalanwaltliche Schlussanträge

(4) Jarass/Beljin

d) Zusammenfassung

II. Die weitere Anwendung unionsrechtswidrigen nationalen Rechts

1. Vorabentscheidungsersuchen des VG Köln

2. Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts

a) „Costa/ENEL-Entscheidung“

b) Verankerung im Primärrecht

c) Unionsrechtskonforme Auslegung

d) Voraussetzungen des Anwendungsvorrangs

aa) Wirksamkeit der kollidierenden Vorschriften

bb) Unmittelbare Anwendbarkeit des Unionsrechts

(1) Primärrecht

(2) Sekundärrecht

cc) Kollision

(1) Direkte Kollision

(2) Indirekte Kollision

e) Wirkungen des Vorrangs für das nationale Recht

aa) Geltungs- und Anwendungsvorrang

bb) Änderungen durch den Vertrag von Lissabon

(1) Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen

(2) Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik

cc) Vorrang vor nationalem Verfassungsrecht

dd) Vorrang gegenüber nationalen Einzelakten

ee) Adressaten des Anwendungsvorrangs

f) Relativierung des Anwendungsvorrangs?

aa) Zur deutschen Rechtsprechung

bb) Ansatz bei Ehlers/Eggert

cc) Anmerkungen

(1) Entscheidungszuständigkeit des EuGH

(2) Vorübergehende Hinnahme unionsrechtswidrigen nationalen Rechts

dd) Zwischenergebnis

3. Schlussanträge des Generalanwalts Yves Bot in der Rechtssache C-409/06

a) Funktion der Generalanwälte

b) Ausführungen des Generalanwalts

aa) Sportwettenentscheidung des Bundesverfassungsgerichts

bb) Gesetzeslücken im nationalen Recht

c) Zusammenfassung

4. Ergebnis

D. Vergleichsfolie: Bundesverfassungsgericht und Landesverfassungsgerichte

I. Vergleichbarkeit der Ebenen

1. BVerfG: Europäische Union als Staatenverbund

2. Die Europäische Union als föderales System

a) Supranationalität der Europäischen Union

b) Föderale Verbindung von Union und Mitgliedstaaten

II. Rechtlicher Rahmen der Landesverfassungsgerichtsbarkeit

III. Verfahren – ein Überblick

IV. Abgrenzung der Gerichtsbarkeiten

1. Zuständigkeitskonkurrenzen

a) Die Anwendung von Bundesrecht als Landesstaatsgewalt?

b) Konkurrenzen bei einzelnen Verfahrensarten

aa) Konkrete Normenkontrolle

bb) Abstrakte Normenkontrolle

cc) Landesverfassungsbeschwerde

2. Prüfungsmaßstab

a) Prüfungsmaßstab des Bundesverfassungsgerichts

b) Prüfungsmaßstab der Landesverfassungsgerichte

aa) Vorfragenkompetenz zur Ermittlung des Prüfungsmaßstabs

(1) Art. 31 GG

(2) Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG

(3) Vorlage nach Art. 100 Abs. 3 GG

bb) Bundesrechts- bzw. Grundgesetzwidrigkeit des Prüfungsgegenstandes

cc) In die Landesverfassungen hineinwirkende Bestimmungen des Grundgesetzes

dd) Zusammenfassung zum Prüfungsmaßstab

V. Vergleich der Ebenen

1. Anwendungsvorrang des Unionsrechts

2. Vorabentscheidungsverfahren

a) Funktion

b) Aufgabenteilung zwischen EuGH und nationalen Gerichten

c) Vergleich mit Art. 100 Abs. 1 GG

3. Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit

a) Änderungen durch den Vertrag von Lissabon

b) Parallelen zur Bundestreue

c) Einzelpflichten der Mitgliedstaaten

VI. Fazit

E. Prüfung deutscher Hoheitsakte am Maßstab des Unionsrechts

I. Unionsrecht in Normenkontrollverfahren

1. Keine Individualbeschwerde zum EuGH

2. Duales Rechtsschutzsystem

II. Individualrechtsschutz vor dem Gerichtshof der Union

1. Gerichtshof, Gericht, Fachgerichte

2. Nichtigkeitsklage

a) Einschränkung des Rechtsschutzes durch die „Plaumann-Formel“

b) Klagebefugnis des Adressaten (Art. 263 Abs. 4 Var. 1 AEUV)

c) Klagebefugnis nach Art. 263 Abs. 4 Var. 2 AEUV

d) Klagebefugnis nach Art. 263 Abs. 4 Var. 3 AEUV

e) Zusammenfassung

3. Untätigkeitsklage

4. Amtshaftungsklage

5. Erzwingung einer Aufsichtsklage der Kommission

6. Vorabentscheidungsverfahren

a) Unionsrechtliche Konsequenzen bei Vorlagepflichtverletzungen

b) Staatshaftung bei Vorlagepflichtverletzungen

III. Individualrechtsschutz auf nationaler Ebene

1. Fachgerichtlicher Rechtsschutz

a) Vollzug durch die Legislative

b) Vollzug durch die Exekutive

c) Vollzug durch die Judikative

d) Der nationale Richter im Rechtsschutzsystem der Union

e) Fachgerichtlicher Rechtsschutz im Vorwege der Sportwettenentscheidung

2. Rechtsschutz durch das Bundesverfassungsgericht

a) Verfassungsbeschwerde wegen einer Verletzung von Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG

aa) Gewährleistung des gesetzlichen Richters

bb) Gerichtshof als gesetzlicher Richter

cc) Willkürliche Verletzung erforderlich

dd) Anmerkungen zum Willkürmaßstab

(1) Übernahme des „acte clair-Maßstabes“

(2) Stärkere Orientierung am Gerichtshof

(3) Stellungnahme

ee) Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG im Zusammenhang mit den Sportwetten

(1) Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Dezember 2006

(2) Anmerkungen

b) Verfassungsbeschwerde als Mittel zur Durchsetzung von Unionsrecht

aa) Ablehnende Haltung des Bundesverfassungsgerichts

bb) Zustimmung im Schrifttum

(1) Di Fabio

(2) Schlaich/Korioth

(3) Paul Kirchhof

(4) Hillgruber

(5) Zusammenfassung

cc) Integration des Unionsrechts in die Verfassungsbeschwerde

(1) Völker- und Europarechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes

(2) Unionsrechtliches Äquivalenzprinzip

(3) Art. 19 Abs. 4 GG

(4) Art. 2 Abs. 1 GG

(5) Weiterungen

(6) Unionsrechtskonformität als Schranken-Schranke

(7) Verfassungsprozessuale Konsequenz

(8) Ergebnis

c) Erstreckung auf die konkrete Normenkontrolle?

d) Erstreckung auf die abstrakte Normenkontrolle?

F. Zusammenfassung der Ergebnisse

I. Übergangsfristen durch das Bundesverfassungsgericht

II. Konflikte mit dem Unionsrecht

III. Vergleichsfolie: Bundesverfassungsgericht und Landesverfassungsgerichte

IV. Prüfung deutscher Hoheitsakte am Maßstab des Unionsrechts

Literaturverzeichnis

Sachwortverzeichnis

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