Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit von Ratingagenturen gegenüber Investoren ( Schriften zum Bürgerlichen Recht )

Publication series :Schriften zum Bürgerlichen Recht

Author: Schantz   Peter  

Publisher: Duncker & Humblot GmbH‎

Publication year: 2015

E-ISBN: 9783428541515

P-ISBN(Paperback): 9783428141517

Subject:

Keyword: Rechts- und Staatswissenschaften

Language: GER

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Description

Ratingagenturen gehören zu den einflussreichsten Akteuren auf den Kapitalmärkten. Ihr Versagen wird als eine wesentliche Ursache der sog. »Subprime-Krise« im Jahr 2007 angesehen, die eine weltweite Finanzkrise auslöste. Unter welchen Voraussetzungen aber haften Ratingagenturen gegenüber Investoren, die auf ihre Bewertungen vertrauen? Der europäische Gesetzgeber hat im Jahr 2013 eine Haftung von Ratingagenturen gegenüber Anlegern für grobe Fahrlässigkeit eingeführt. Daneben bleibt allerdings noch ein weiter Anwendungsbereich für das nationale Recht. Zivilrechtlich handelt es sich – ähnlich wie bei Sachverständigengutachten, Wirtschaftprüfertestaten oder Kunstexpertisen – um einen Fall der Dritthaftung für Informationen gemäß § 311 Abs. 3 BGB. Schließlich stellt sich die Frage, ob eine Haftung von Ratingagenturen rechtspolitisch sinnvoll und ein Instrument einer angemessenen Regulierung von Ratingagenturen ist.

Chapter

Vorwort

Inhaltsübersicht

Inhaltsverzeichnis

Verzeichnis wichtiger Abkürzungen

§ 1 Einleitung

I. Problemstellung

II. Gegenstand der Untersuchung

III. Vorgehensweise

Kapitel 1: Grundlagen

§ 2 Rechtliche Rahmenbedingungen

I. Versagen der Ratingagenturen

1. Enron

2. Finanzkrise

a) Ursprung der Krise auf dem US-Hypothekenmarkt

b) Rolle der Ratingagenturen

c) Ursachen des Versagens der Ratingagenturen

aa) Gewinnorientierung und Wettbewerbsdruck

bb) Interessenkonflikte durch Beratungsleistungen

cc) Fehler der Ratingmethodik

dd) Ungenügende Ressourcen

ee) Übermäßiges Vertrauen der Anleger in Ratings

II. Entwicklung der Regulierung in den USA und der EU

1. Vertrauen in die Selbstregulierung des Ratingmarktes

2. Erste Regulierungsansätze

a) Credit Rating Agency Reform Act (2006)

b) Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 über Ratingagenturen

3. Strukturelle Eingriffe

a) Dodd-Frank Act (2010)

b) Zweite Novelle der RatingVO

§ 3 Die Tätigkeit von Ratingagenturen

I. Begriffe und Abgrenzungen

1. Credit Rating

2. Abgrenzungen

a) Produktrating

b) Finanzanalysten

c) Kreditauskunfteien

3. Inhaltliche Bedeutung des Ratings

4. Ratingskala

5. Fehlerhaftes Rating

II. Der Markt für Ratings

1. Geschäftsmodell der Ratingagenturen

a) Bonitätsbeurteilungen

b) Beratung (rating advisory)

2. Marktverhältnisse

3. Rating und Structured Finance

III. Formen des Ratings und ihre Erstellung

1. Auftragsrating

2. Auftragsloses Rating

3. Monitoring und Aktualisierung des Ratings

4. Bewertungsmethoden und -faktoren

a) Unternehmensrating

b) Unternehmensanleihen und Verbriefungstransaktionen

c) Staaten und öffentliche Körperschaften

§ 4 Bedeutung und Funktion von Ratingagenturen

I. Ökonomische Grundlagen des Ratings

1. Ratingagenturen als Informationsintermediäre

2. Informationsfunktion des Ratings

a) Informationseffizienz des Kapitalmarktes

b) Kritik an der Informationseffizienzhypothese

c) Neue Institutionenökonomik

d) Informationsasymmetrie

e) Signalling und Screening

f) Spezialisierung und Netzwerkeffekte

g) Verbesserung der Effizienz des Kapitalmarktes

3. Monitoringfunktion

4. Verifikationsfunktion: Ratingagenturen als Reputational Gatekeeper

a) Glaubwürdigkeit des Emittenten

b) Reputationsintermediäre/Gatekeeper

5. Verstärkende Rahmenbedingungen

a) Disintermediation und Securitization

b) Globalisierung und Internationalisierung der Kapitalmärkte

II. Regulatorische Inanspruchnahme der Ratingagenturen

1. Regulatorische Verwendung von Ratings in den USA

2. Regulierung durch Ratings in Deutschland und Europa

a) Eigenkapitalregeln für Kreditinstitute

b) Ausblick

3. Kritik der regulatorischen Inanspruchnahme von Ratings

4. Regulatory License

III. Faktische Autorität des Ratings

1. Rating als Marktzutrittsschranke

2. Verbreitung privatautonomer Anknüpfung an Ratings

a) Rating-Trigger in Verträgen

b) Verwendung in Anlagevorschriften

3. Standardisierung durch Ratings

4. Privilegierter Informationszugang im Rahmen des Insiderrechts

5. Ratingagenturen als Teil der externen Corporate Governance

6. Rechtliche Relevanz des Ratings

a) Anlageberatung

b) Organhaftung

aa) Rating als vertrauenswürdige Expertise

bb) Rating als ausreichende Informationsgrundlage

7. Bedeutung für die Investitionsentscheidung der einzelnen Kapitalmarktteilnehmer

a) Rezeption des Ratings durch das Anlegerpublikum

b) Koordinationseffekt des Ratings

Kapitel 2: Die Regulierung von Ratingagenturen

§ 5 Regelungsprobleme

I. Ziele einer Regulierung von Ratingagenturen

1. Kapitalmarkteffizienz und Anlegerschutz als allgemeine Ziele des Kapitalmarktrechts

2. Vertrauen in die Qualität und Unabhängigkeit der Ratingagenturen

a) Informationsasymmetrie und Prinzipal-Agent-Beziehung zwischen Investor und Ratingagentur

b) Verstärkung der Unsicherheit durch Interessenkonflikte

c) Folgen der Unsicherheit der Anleger

d) Förderung des Vertrauens in Ratings

3. Systemische Risiken

a) Finanzmarktstabilität

b) Übertreibungen der Kapitalmärkte

II. Versagen von Reputation und Wettbewerb

1. Ursachen fehlenden Wettbewerb

a) Reputation

b) Netzwerkeffekt

c) Regulatorische Verwendung des Ratings

d) Two-Rating-Norm

e) Schwierige Überprüfbarkeit der Qualität des Ratings

2. Folgen fehlenden Wettbewerbs

3. Regelungsprobleme des Wettbewerbs im Ratingmarkt

a) Competition of laxity

b) Rating Shopping

c) Keine Verbesserung des Reputationsmechanismus

d) Zunahme der Zahl der Ratingagenturen

4. Ergebnis

§ 6 Regulierungsansätze

I. Bisherige Regulierung von Ratingagenturen

1. Interessenkonflikte

a) Trennung von Rating und Beratungsleistungen

b) Offenlegung von Interessenkonflikten

c) Governancemechanismen

d) Eigeninteressen der Mitarbeiter der Ratingagenturen

2. Qualität und Transparenz

a) Methodik und Ressourcen

b) Informationsgrundlage

c) Anpassung und Monitoring

II. Durchsetzungsmechanismen

1. Staatliche Aufsicht

a) Aufsichtsmaßnahmen

b) Bußgelder

2. Publizität

III. Strukturelle Reformen

1. Rotationspflicht

2. Reform des Vergütungsmodells

a) Rückkehr zum Investor-pays-Rating

b) Entkoppelung der Vergütung von der Auftragsvergabe

c) Verknüpfung von Vergütung und Qualität des Ratings

d) Zwischenergebnis

3. Staatliche Ratingagentur?

IV. Ergebnis

§ 7 Haftung als Regelungsinstrument

I. Funktionaler Ansatz des Haftungsrechts

II. Wirkungen einer Dritthaftung von Ratingagenturen

1. Normativer Rahmen

a) Ökonomische Argumente in der rechtspolitischen und rechtsdogmatischen Diskussion

b) Ökonomische Analyse des Haftungsrechts

2. Abbau von Unsicherheit und Senkung der Transaktionskosten im Verhältnis zwischen Anleger und Ratingagentur

a) Signalling durch Haftung

b) Höhe des Haftungsrisikos

c) Schadensprävention trotz Risikoweitergabe an Emittenten und Investoren?

3. Haftung als Gatekeeper

III. Rechtspolitische Bedenken

1. Skepsis gegenüber der Kompensation reiner Vermögensschäden

a) Unterschiedliche Wertigkeit der Rechtsgüter

b) Dammbruch-Argument und Freiheitsschutz

c) Vorrang privatautonomer Regelungen

d) Vermögensschäden als bloße Umverteilungsschäden

2. Gefahr einer übermäßigen Abschreckung der Ratingagenturen

a) Besonderheiten der Haftung für Informationen

b) Risikoadverses Verhalten der Ratingagentur

c) Notwendigkeit einer Haftungsbegrenzung?

d) Ausgestaltung einer Haftungsbegrenzung

3. Bessere Schadensvorsorge durch die Anleger selbst?

IV. Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung

Kapitel 3: Die Haftung von Ratingagenturen nach deutschem Recht

§ 8 Verfassungsrechtlicher Rahmen

I. Der Erste Zusatzartikel der US-Verfassung als „Schutzschild“ der Ratingagenturen

1. Umfang und Grenzen des Schutzes von Ratings

2. Abgrenzung von Meinungen und Tatsachen

II. Meinungsfreiheit

III. Pressefreiheit

IV. Rechtfertigung des Eingriffs

§ 9 Ratingagenturen im System kapitalmarktrechtlicher Haftungstatbestände

I. Kapitalmarktrechtliche Anspruchsgrundlagen

1. Wertpapierrechtliche Prospekthaftung

a) Ratingagenturen als Adressaten der Prospekthaftung

b) Ratingbericht als Prospekt i.S.d. § 21 WpPG

2. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung

3. Gesamtanalogie der gesetzlichen Haftungstatbestände

II. Verhältnis kapitalmarktrechtlicher Haftungstatbestände und allgemeiner zivilrechtlicher Anspruchsgrundlagen

III. Verantwortlichkeit anderer Kapitalmarktakteure für Ratings?

1. Pflicht zur Aufnahme von Ratings in den Emissionsprospekt

2. Rückwirkungen auf die Pflichten der Prospektverantwortlichen

3. Haftung für Ratings als Teil des Prospekts?

§ 10 Zivilrechtliche Dritthaftung gegenüber Investoren

I. Dogmatische Verortung der Expertenhaftung

1. Einführung

2. Kritik deliktischer und privatautonomer Ansätze

a) Privatautonome Ansätze

aa) Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter

(1) Konzept und Voraussetzungen

(2) Kritik

(a) Dogmatische Kritikpunkte

(b) Ungleichbehandlung von Auftragsrating und auftragslosem Rating

bb) Stillschweigender Auskunftsvertrag und einseitige Selbstverpflichtungen

cc) Weitere Ansätze

b) Deliktische Ansätze

aa) Schutzgesetz

(1) RatingVO

(2) § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WpHG

bb) Verkehrspflichten zum Schutze des Vermögens im Rahmen von § 823 Abs. 2 BGB

cc) § 826 BGB

(1) Extensive Auslegung des § 826 BGB durch die Rechtsprechung

(2) Ratingagenturen im Lichte des § 826 BGB

(3) Stellungnahme

II. Vertrauenshaftung gemäß §§ 311 Abs. 3 S. 2, 241 Abs. 2 i.V.m. § 280 Abs. 1 S. 1 BGB

1. Einführende Überlegungen

a) § 311 Abs. 3 S. 2 BGB als Anspruchsgrundlage für Fälle der Expertenhaftung

b) Struktur des § 311 Abs. 3 S. 2 BGB

c) Vertrauenshaftung für Kapitalmarktinformationen

2. Vertrauenswerbung: Inanspruchnahme von Vertrauen in besonderem Maße

a) Schlüsselbegriff: Vertrauen in besonderem Maße

aa) Grundsatz der informationellen Eigenverantwortung

bb) Überlegungen zur Konkretisierung

b) Besondere Vertrauensstellung der Ratingagenturen

aa) Objektiver Zweck des Ratings: Information von Investoren

bb) Stellung als neutraler Informationsintermediär

(1) Spezialisierung

(2) Informationsvorsprung

(3) Neutralität und Unabhängigkeit

(4) Staatliche Anerkennung

cc) Faktische Autorität der Ratingagenturen

dd) Typisiertes Vertrauen in Ratings in Anlehnung an die Grundsätze der Prospekthaftung

ee) Vertrauen in auftragslose Ratings?

c) Zurechnungsgrund der Vertrauenswerbung

d) Verhinderung der Entstehung eines Vertrauenstatbestandes durch Vertrauensverwahrung

3. Adressaten der Vertrauenswerbung

a) Emissionsrating

b) Zweiterwerber

c) Emittentenrating

d) Erwerber von Derivaten und Kapitalmarktprodukten des Emittenten

aa) Vom bewerteten Unternehmen emittierte Derivate und Zertifikate

bb) Bewertetes Unternehmen als Basiswert von Derivaten und Zertifikaten

e) Verkäufer

f) Vertragspartner des Emittenten

4. Vertrauensgewähr durch Investoren

a) Erheblicher Einfluss auf Vertragsverhandlungen oder Vertragsschluss

b) Transaktionserfordernis als „ungeschriebene Grenze“ einer Haftung?

aa) Problemstellung

bb) Altanleger: Absehen von einem Verkauf

cc) Neue Investoren: Unterlassen einer Investition

5. Exkurs: Vertrauenswerbung durch die Muttergesellschaft

§ 11 Pflichtverletzung und Verschulden

I. Sorgfaltspflichten

1. Ausgangspunkt für die Entwicklung von Sorgfaltspflichten

2. Informationsgrundlage

a) Ausreichende Informationsgrundlage

b) Pflicht zur Überprüfung der Informationsgrundlage

aa) Vom Emittenten stammende Informationen

bb) Von neutralen Dritten geprüfte Informationen

cc) Prüfungspflichten bei Asset-Backed-Securities

3. Ratingerstellung

a) Neutralität

b) Objektivität

c) Sachkunde

d) Folgen der Verletzung von Organisations-, Offenlegungs- und anderen Compliance-Pflichten

4. Anpassungs- und Berichtigungspflicht

a) Berichtigungspflicht

b) Aktualisierungspflicht

II. Verschuldensmaßstab

1. Verfassungsrechtliche Erwägungen

2. Unentgeltlichkeit

3. Grundsätze der Börsendienst-Entscheiung

4. Haftungsrisiko

5. Gesamtanalogie zur Kapitalmarktinformationshaftung

III. Beweislastverteilung

§ 12 Modifikationen der Haftung

I. Beschränkungen des Vertrauenstatbestandes

1. Terminologie

2. Grenzen der Vertrauensverwahrung

3. Begrenzung des Adressatenkreises

II. Haftungsbeschränkungen

1. Dogmatische Begründung

2. Modifikation der Pflichten und des Verschuldensmaßstabs

3. Haftungshöchstbetrag

§ 13 Kausalität, Schaden, Mitverschulden

I. Schaden

1. Differenzschaden

2. Naturalrestitution

a) Kritik: Überwälzung des Marktrisikos

b) Pflichtwidrigkeitszusammenhang

c) Berücksichtigung des hypothetischen Kausalverlaufs

d) Verbot des Haltens bewerteter Kapitalanlagen

3. Entgangener Gewinn und Transaktionskosten

II. Transaktionskausalität

1. Überblick über die verschiedenen Ansätze zur Beweiserleichterung im Rahmen der Informationshaftung

a) Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens

b) Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung

c) Anlagestimmung

d) Fraud-on-the-market-Doktrin

e) Dauerkausalität

2. Transaktionskausalität im Rahmen der Haftung von Ratingagenturen

3. Kenntnis des fehlerhaften Ratings

4. Differenzierung nach Pflichtverletzungen

III. Mitverschulden

§ 14 Verhältnis der Ratingagenturen zu anderen Haftpflichtigen

§ 15 Anwendbares Recht

I. Grundproblem des internationalen Kapitalmarktrechts

1. Globalisierung der Finanzmärkte und Informationsflüsse

2. Marktort als einziger voraussehbarer Berührungspunkt

II. Qualifikation kapitalmarktrechtlicher Haftung

1. Anwendungsbereich der Rom I- und Rom II-VO

2. Abgrenzung zwischen Vertrags- und Deliktsstatut

III. Anknüpfung

1. Vertragsakzessorische Anknüpfung (Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO)

2. Erfolgsort (Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO)

3. Offensichtlich engere Verbindung zum Marktort

4. Erwerb außerhalb geregelter Märkte: Recht der Kapitalanlage

Kapitel 4: Haftung von Ratingagenturen nach europäischem Recht

§ 16 Grundfragen

I. Entstehungsgeschichte

II. Dogmatische Grundstruktur

III. Anwendungsbereich

IV. Verhältnis zum nationalen Recht

1. Anspruchsgrundlagenkonkurrenz zwischen Art. 35a RatingVO und nationalem Haftungsrecht

2. Lückenfüllende Funktion des nationalen Rechts

§ 17 Haftungsvoraussetzungen

I. Anspruchsberechtigte

II. Berechtigtes Vertrauen

III. Pflichtverletzung

1. Zuwiderhandlung nach Anhang III RatingVO

2. Beweislastverteilung

IV. Verschuldensmaßstab

V. Kausalität und Schaden

1. Transaktionskausalität

2. Haftungsausfüllende Kausalität und ersatzfähiger Schaden

VI. Haftungsbegrenzung

Zusammenfassung der Ergebnisse

Literaturverzeichnis

Stichwortverzeichnis

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