Forensische Erkenntnistheorie :Der Inferentielle Kontextualismus und die Funktion der kontextrelevanten Zweifel im Strafverfahren – Zugleich eine analytische Perspektive zur Sachverhaltsfeststellungsdogmatik ( Schriften zur Rechtstheorie )

Publication subTitle :Der Inferentielle Kontextualismus und die Funktion der kontextrelevanten Zweifel im Strafverfahren – Zugleich eine analytische Perspektive zur Sachverhaltsfeststellungsdogmatik

Publication series :Schriften zur Rechtstheorie

Author: Kotsoglou   Kyriakos N.  

Publisher: Duncker & Humblot GmbH‎

Publication year: 2015

E-ISBN: 9783428545551

P-ISBN(Paperback): 9783428145553

Subject:

Keyword: Rechts- und Staatswissenschaften

Language: GER

Access to resources Favorite

Disclaimer: Any content in publications that violate the sovereignty, the constitution or regulations of the PRC is not accepted or approved by CNPIEC.

Description

Die Beweiswürdigung stellt nach herrschender Meinung in der juristischen Literatur ein ›Geheimnis‹ des Tatrichters dar. Obwohl man in die Sollvorschrift des § 267 StPO eine Mussvorschrift hineinliest und anschließend eine Urteilsbegründung erfordert, ist es der Sachverhaltsfeststellungsdogmatik noch nicht gelungen, dem Tatrichter einen detailreichen Beweismechanismus bereitzustellen. Und die Antwort auf die Frage, was für Anforderungen an den Beweis zu stellen bzw. unter welchen Umständen die jeweiligen schuldausschließenden Alternativen als (un-)vernünftig anzusehen sind, wird der Willkür überlassen. Der Autor unternimmt einen intensiveren Zugriff auf den Beweiswürdigungsvorgang und arbeitet eine anpassungsfähige Begründungsstruktur heraus, die dem Tatrichter epistemische Rechte und Pflichten vorschreibt. Der hier vertretene Inferentielle Kontextualismus gelangt zu ähnlichen Ergebnissen wie die höchstrichterliche Rechtsprechung, versieht sie aber mit einer tragfähigen erkenntnistheoretischen Basis zwecks einer überprüfbaren Beweisanalyse.

Chapter

Vorwort

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Einleitung

Teil 1: Der Mythos des Gegebenen

A. Der Wille zur Wahrheit

I. Find the Facts and the Law is Easy

II. Erkenntnispessimismus oder gar Erkenntnisdepression?

III. Konstruktive und diagnostische Haltung

IV. Hoffnung auf Therapie?

B. Tracking: Der Wahrheit auf der Spur

I. Ein fremdes Prinzip?

II. Der antiphilosophische Affekt

III. Wozu braucht man Erkenntnistheorie?

C. Über plausible Missverständnisse

I. Zwei Antagonistinnen

II. Der faktenkontingente Charakter unserer (Streit-)Kultur

1. Gibt es einen gemeinsamen Nenner?

2. Epistemischer Zugang zur Welt und nicht Herstellung der Welt

D. Das Aus(t)räumen eines ‚Mythos‘

I. Das Obama-Experiment

II. Das menschliche Wahrnehmen

1. Funktionalität des Wahrnehmens

2. Die Selektivität unseres Wahrnehmens

3. Das Flaschenhals-Modell

4. Näheres zum neuronalen Prozess

5. Top-down- und Bottom-up-Prozesse

III. Begriffsanwendung statt Wahr-Nehmung

E. Erster Einwand: Wilfrid Sellars und der „Mythos des Gegebenen“

F. Zweiter Einwand: Die kognitive Intoleranz

I. Die einzig richtige Beobachtung: „Sehen Sie sich selber an!“

II. „Catch me if you can“

III. Das Video spricht zwar von alleine – Die Frage lautet freilich mit wem!

IV. Die entscheidungstheoretische Hybris

V. Zur juristischen Bescheidenheit

VI. Personenbezogene Beweiswürdigung und Akzeptanz des Urteils

G. Nochmals zur einzig richtigen Beobachtung: Die Ontologisierung der Begründung

I. Idealismus und Realismus. Tertium non datur?

II. Nochmals zum plausiblen Missverständnis

H. Fazit

Teil 2: Die Hauptprobleme der juristischen Wahrheitsdebatte

A. Die Hypothek der Korrespondenztheorie der Wahrheit

I. Eine Korrespondenztheorie der Wahrheit?

II. Das Steinschleuder-Argument gegen die KW

B. Semantische Theorie der Wahrheit

I. Über formale Sprachen

II. Void-for-Vagueness?

III. Rechtssprache und Indeterminiertheit

1. Zur Vagheit

2. Zur Mehrdeutigkeit

3. Die unabgeschlossene „Rechtswirklichkeit“ und die Offenheit der Sprache

4. „Zurück auf dem rauhen Boden“

C. Fact-triers und Historiker

I. ‚Was‘-Fragen und ‚Wie‘-Fragen

II. ‚Entscheidungen treffen‘ im engeren und im weiteren Sinne

III. ‚Absence of Proof‘ und ‚Proof of Absence‘

IV. Ist das denn alles, was uns trennt?

V. Mikro- und Makro-Perspektive

D. Der Primat der Erkenntnis

I. Benötigen wir eine Wahrheitstheorie?

II. Das theologische Genom der materiellen Wahrheit

1. Materielle Wahrheit und Jesus von Nazareth

2. Wovon reden wir eigentlich?

III. Ein Grabenkampf und die Stellung der Rechtswissenschaften

E. Eine verfehlte Unterscheidung

F. Das Ziel des Strafverfahrens: Die Falle der Wahrheit

I. Bohre nicht nach Erdöl, wo es keines gibt!

II. Die Situation des Ignoramus und die Situation des Wissenden

III. Duldungspflicht eines „Fehlurteils“?

IV. Die Handlungsanweisung des Ignoramus

G. Das Problem der Fehlurteile und Fehlurteile als Problem

I. Über Entscheidungen

II. Principle of total evidence: You should take account of everything you know

III. Fehlurteile in abstracto und Fehlverurteilungen in concreto

H. Lässt sich die Wissenschaftlichkeit aufrechterhalten?

Teil 3: Das System der freien Beweiswürdigung

A. Zur vermeintlichen Verpflichtung von § 244 II StPO zur materiellen Wahrheit

I. Die freie Beweiswürdigung als unsere epistemische Praxis

II. Die Genese des legalen Beweissystems

III. Die Abschaffung der Folter

IV. Das Flußbett verschiebt sich: Enttheologisierung der Wahrheit

B. Die Einführung der freien Beweiswürdigung

I. Zwischenergebnis

II. Das System der freien Beweiswürdigung

1. Der Common Sense

2. Conviction intime als geltendes System

a) Strafverfahren in Frankreich

b) Strafverfahren in den USA

III. Conviction ecrite mais pas raisonée!

IV. § 267 Abs. 1 S. 2 StPO und der sogenannte Indizienbeweis

C. § 267 als Sollvorschrift

I. Conviction raisonée als verfassungskonforme Auslegung des § 267 Abs. 1 S. 1 StPO

II. Begründungspflicht als epistemische Verantwortlichkeit

III. Zu einer Theorie der epistemischen Verantwortlichkeit

IV. Die doppelte Verlagerung: § 267 ← § 261 ← § 244 II

Teil 4: Auf der Suche nach einer Rechtfertigungstheorie

A. Der Primat der Rechtfertigung

B. Die Urteilsbegründung, eine Herkulesaufgabe?

C. Das Agrippa-Trilemma

I. Fundamentalismus

1. Die Vorannahme der „erkenntnistheoretischen Priorität“

2. Zwei Einwände gegen den Erkenntnis-Fundamentalismus

II. Kohärentismus

III. Eine Zwischenbilanz. Fundhärentismus?

D. Moderne Skepsis: On the Slippery Slope to Scepticism

I. Das Prinzip des ausgeschlossenen Zweifels (PAZ)

II. Zwischen der Scylla (antiker) und der Charybdis (moderner) Skepsis

E. Der Epistemologische Kontextualismus: Ein Schmerzmittel gegen die Erkenntnis-Skepsis?

I. Zunächst eine Antwort auf eine bekannte Frage

II. Das klingt nach Relativismus

III. Welcher Relativismus?

IV. Kultureller Relativismus?

V. Ist kultureller Relativismus ein sinnvoller Begriff?

F. Der Epistemologische Kontextualismus

I. Semantischer Kontextualismus

II. Fred Dretske und das Modell mit den „Relevanten Alternativen“

III. DAVID LEWIS – Pssst … Manche Zweifel kann man bloß ignorieren!

IV. Keith DeRose – Jetzt weiß ich – jetzt aber nicht!

V. Semantischer Kontextualismus: Eine Bilanz

1. Semantischer Kontextualismus und „ordinary language“

2. ‚Wissen‘ als indexikalischer Begriff?

3. Der kontextualistische Wissensmechanismus

4. Die Kontinuitätsthese

a) Der Ansatz der „hohen Standards“

b) Der Ansatz der „scheinbaren Allgemeinheit“

5. Standards erhöhen oder Thema wechseln?

G. Inferentieller Kontextualismus

I. Eine Wittgensteinsche Perspektive

1. Theorielose Skepsis?

2. Die Hypothek der anti-skeptischen Rechtfertigungsstrategien

3. Der erkenntnitheoretische Realismus als Voraussetzung des substantiellen Fundamentalismus

II. Inferentieller Kontextualismus als Antidot

1. Das skeptische Potenzial des cartesianischen Projekts

2. Die Bewertung all unseres Wissens auf einmal

3. Der losgelöste Standpunkt

4. Die condicio humana Wittgensteins

5. „Im Anfang war die Tat“

6. Zwischenfazit

H. Die theoretische Diagnose der antiken Skepsis

I. Die Voraussetzung des Prior Grounding Requirement

II. Die Argumentatiosstruktur als ‚loaded dice‘

III. Der antike Skeptiker als kleines Kind

IV. Das „Weltbild“ als rechtfertigungsstiftender Faktor

V. „Gewissheiten“ als Angeln des inferentiellen Kontexts

VI. Ein Pyrrhussieg?

VII. Die Default-and-Challenge Strategie

1. Rechtstheorie als Wiege der Default-Logik

2. Wie führt man einen Defeater ins Spiel ein?

3. Die fünf kontextbestimmenden Parameter

a) Intelligibilitätsbeschränkungen – Die Grenzen des Sprachspiels

b) Methodologische Notwendigkeiten – Die Grenzen des inferentiellen Kontextes

c) Dialektische Faktoren

d) Ökonomische Faktoren – Die Wirtschaftlichkeit unserer epistemischen Praxis

e) Der fünfte kontextuelle Parameter: Ein externalistischer Bruch?

4. Evidentielle Rechtfertigung

5. Zu einer Tyrannei des Wissens?

6. Besteht der fünfte kontextuelle Parameter in der Rechtskräftigkeit?

I. Vernünftigkeitsvorstellungen als Kompass

I. Beweis jenseits kontextrelevanter Zweifel

II. Ein Zwischenfazit

III. Der inferentielle Kontext ist revisibel

IV. SED als Objekt revisionsgerichtlicher Prüfung

V. Kontext-Tief und Kontext-Hoch

J. Über den Status des Inferentiellen Kontextualismus

K. Die Suche nach Wahrheit

Teil 5: Rechtliche Anwendungen

Teil 6: Epistemic Engineering – Zur Präzisierung des inferentiellen Kontextes im Strafverfahren

A. Der Kontext des Strafverfahrens

B. Die Situation des Ignoramus

I. Die Strafe als Januskopf

II. Das Strafrecht dient zwei Zwecken

1. Die Befriedungsfunktion

2. Die Orientierungsfunktion

3. Das Strafrecht dient zwei gegenläufigen Zwecken

a) Kontext-Smax

b) Kontext-Lmax

4. Das sensible Gleichgewicht

III. Liberale und autoritäre Regime: Die Instrumentalisierung des Strafrechts

1. Sicherheitsorientierte Staaten

2. Freiheitsorientierte Staaten

3. Der kriminalpolitische trade-off

IV. Gesetzgebung und epistemische Praxis

C. Blackstone Revisited – Die Umsetzung der Kriminalpolitik

I. Grundintuitionen

II. Kognitive Täuschungen

III. Zweiseitiger Test

1. Modus: Möglichkeit

2. Normale Distribution

IV. Ein Strafverfahren – Wieviele IK?

Teil 7: „Anastasia“ – Über das Geheimnis der Zarentocher und die therapeutische Diagnose des Streits zwischen objektiven und subjektiven Beweismasslehren

A. Hoch lebe das neue Beweiskriterium!

I. Nochmals: Was ist eine therapeutische Diagnose?

II. Sollte uns diese Diagnose überraschen?

B. Die Beweismaßlehren

I. Das Gespenst in der Maschine

II. Die objektiven Beweismaßlehren

1. Der Ansatz Maassens

2. Der Ansatz Benders

3. Der Ansatz Hoyers

4. Ein Argumentum ad absurdum

5. Über Ungewissheit

III. Subjektive Beweismaßlehren

C. Was ist das Geheimnis des Anastasia-Falls?

I. „Anastasia“ und der inferentielle Kontext

II. Überzeugung wovon?

Teil 8: Das Kühne-Problem und die inferentiellen Kontexte im Ermittlungsvefahren

A. Das Kühne-Problem

I. Tatverdacht als Hebel des Ermittlungsverfahrens

II. Über das übliche Schmerzmittel der Rechtsdogmatik

III. Der Objektivitätszwang

B. Der Ansatz Kühnes

I. Über metrisierbare Strukturen

II. Tatverdacht und bzw. als epistemische Wahrscheinlichkeit

III. Ist der Gesetzgeber kontextualistisch gesinnt?

IV. Ermittlungsverfahren als Screening?

C. Erster IK: Anfangsverdacht

I. Informationen als Ursache und Grund des Ermittlungsverfahrens

II. Dialektische Faktoren

III. Nochmals über Default Rules

IV. Keine Defeater in SEDAV?

V. Ökonomischer Parameter

VI. Die Stigmatisierung des Verdächtigten als disutility

D. Zweiter Kontext: Untersuchungshaft – (nur) ein IK?

I. Der IK für den Erlass und der IK für die weitere Überprüfung der U-Haft

1. Zur Präzisierung des zweiten inferentiellen Kontextes: IK1 der U-Haft

2. IK2 der U-Haft

II. Zwischenfazit

E. Dritter inferentieller Kontext – Der „hinreichende Verdacht“

I. Strafprozess als Bestrafung?

II. Über Gewissheit und Wissen

III. Fazit

Literaturverzeichnis

Sachverzeichnis

The users who browse this book also browse


No browse record.