

Author: Greven Michael Th.
Publisher: Peter Lang Group
ISSN: 0028-3320
Source: Neue Politische Literatur, Vol.2005, Iss.3, 2005-01, pp. : 383-388
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Abstract
Ja, ich habe sie Satz für Satz gelesen – die 997 Seiten einschließlich der 931 Endnoten von Joachim Radkau über ,,Max Weber. Die Leidenschaft des Denkens” (es folgen noch Bildnachweis, Personenregister und die keineswegs triviale Liste derer, denen Radkau ,,Dank” abstattet) – ganz gelesen und dabei einen halben Bleistift verbraucht. Innerhalb von fünf Wochen auf drei Kontinenten, an langen einsamen Abenden in Jyväskylä, nach dortiger Lehrtätigkeit in einem Doktoranden-Kolleg, dann weiter in Rio de Janeiro, genauer auf einer wundervollen Dachterasse über dem Strand von Ipanema, dann in Caxambu während des ,,29. Encontro Anual da ANPOCS”, auf der jenseits meines eigenen Vortrages fast nur Portugiesisch gesprochen wurde und ich kein Wort verstand, und schließlich eine Woche später erst in Toronto, dann in Kingston schon mit erstem Schnee, wieder an einsamen Abenden im Hotel – und natürlich auf den langen Flügen und während der schier endlosen Wartezeiten auf den Flugplätzen zwischendurch. Wo und wann sonst, als dermaßen reisend herausgerissen aus dem Alltag und fern der alltäglichen Pflichten, könnte man ein solch monumentales Werk im heutigen Universitätsbetrieb überhaupt noch sorgfältig lesen? Es war ein Glücksfall, dass der Kauf dieses ,Schinkens’ mit der ungeplant entstandenen Extremreiseperiode zusammenfiel – während sich in der Umgebung wie auf einem Bühnenhintergrund ständig Veränderungen vollzogen, las, litt und lebte ich beständig mit dem Protagonisten, aber auch den vielen anderen so plastisch vergegenwärtigten Zeitgenossen Webers im wilhelminischen Deutschland, im Universitätsmilieu Heidelbergs und auf den Reisen der Webers nach Italien, in die Schweiz, vor allem aber nach Nordamerika. Wie andere auf solchen Touren einen Krimi nach dem anderen lesen, schleppte ich ,meinen Weber’ in jedes Café und jedes Lokal, las, wo es keine deutsche Zeitung zum Frühstück und keine Begleitung zum Abendessen beim Italiener gab. Will man dieses Buch bewältigen, muss man ihm einen Platz im Leben einräumen. Ja, ich war fasziniert von dieser Lektüre und keineswegs stets auf kritischen Abstand bedacht.
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