Nukleinsäure-Amplifikationstests für HIV, HBV und HCV bei Gewebespendern: Sinnvoll oder überflüssig?

Publisher: Karger

E-ISSN: 1660-3818|35|6|421-430

ISSN: 1660-3796

Source: Transfusion Medicine and Hemotherapy, Vol.35, Iss.6, 2008-11, pp. : 421-430

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Abstract

Mit der Umsetzung der EU-Richtlinien 2004/23/EG und 2006/17/EG im Gewebegesetz sowie den begleitenden Verordnungen (Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung, Transplantationsgesetz-Gewebeverordnung) wurden die grundlegenden Anforderungen an die Virussicherheit der Gewebespenden allgemein definiert. Während infektionsserologische Testungen (Anti-HIV 1/2, Anti-HCV, Hepatitis-B-Oberflächenantigen, Anti-Hepatitis-B-Core-Antigen, Treponema-pallidum-Hämagglutinationsassay) vorgeschrieben sind, wird der Nukleinsäure-Nachweis für HIV, HBV und HCV nicht explizit gefordert. Anhand in der Literatur berichteter Virusübertragungen, gewebespezifischer Besonderheiten sowie Herstellungs- und gegebenenfalls Inaktivierungsverfahren wird eine Bewertung des Stellenwertes des HIV/HCV/HBV-Nachweises mittels Nukleinsäure-Amplifikationstechniken (NAT) bei Spendern unterschiedlicher Gewebe vorgenommen und mit den Erfahrungen des Blutspendewesens verglichen. Muskuloskelettale Gewebe besitzen infolge des zumeist hohen Blutgehalts der Gewebe, des umfangreichen Entnahmespektrums, der bisher beschriebenen Übertragungen, der unterschiedlichen Herstellungsverfahren sowie der hohen Spender-Empfänger-Ratio ein signifikantes Risiko, HIV/HCV/HBV zu übertragen. Daher sollte bei Spendern muskuloskelettaler Gewebe, die keinem effektiven Virusinaktivierungsverfahren unterzogen werden, eine HIV-, HBV- und HCV-NAT-Testung erfolgen. Kardiovaskuläres Gewebe hat bei Durchführung der serologischen Testung ein sehr geringes Restrisiko der HIV/HCV/HBV-Übertragung. Aufgrund der fehlenden Möglichkeit einer effektiven Virusinaktivierung (Erhalt der Gewebemorphologie) und der Spender-Empfänger-Ratio von bis zu 1:10 sollte die HIV-, HCV- und HBV-NAT jedoch als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme erfolgen. Augenhornhäute besitzen aus physiologisch-morphologischer sowie epidemiologischer Sicht das geringste HIV/HCV/HBV-Übertragungsrisiko, jedoch sollte die HCV-NAT durchgeführt werden. Eine Quarantänelagerung der Gewebe eines Spenders kann bei negativem Ergebnis der HIV/HCV/HBV-NAT grundsätzlich entfallen. Aufgrund der vielfältigen Synergieeffekte mit der Transfusionsmedizin bietet es sich für Gewebebanken an, die Testung der infektionsserologischen bzw. molekularbiologischen Laborparameter in Kooperation mit Blutspendediensten durchzuführen.