

Publisher: Cambridge University Press
E-ISSN: 1474-0583|1|1|86-120
ISSN: 0003-9756
Source: Archives européennes de sociologie/European Journal of Sociology, Vol.1, Iss.1, 1960-06, pp. : 86-120
Disclaimer: Any content in publications that violate the sovereignty, the constitution or regulations of the PRC is not accepted or approved by CNPIEC.
Abstract
Für den politischen Soziologen, der sich seiner Zeit ver-pflichtet weiß, gibt es heute vor allem zwei Probleme, und beide sind Probleme der Demokratie: das Problem der deutschen Demokratie und das Problem der Demokratie in den Entwicklungslandern. Die meisten anderen Gegenstande der Reflektion und Forschung sind nur Facetten und Aspekte der beiden Fragenkomplexe: Wie konnte die Demokratie in einem industrialisierten, »west-lichen«, »zivilisierten« Land im Nationalsozialismus enden? Welche Elemente sozialer Strukturen werden also vom freundlich verall-gemeinernden Modell der »industriellen Gesellschaft« nicht erfaßt? Und: Kann die Demokratie in Indien, in Ghana, in China funktionieren? Welche Widerstände setzen die Sozialstrukturen industrialisierender Länder der Ausbildung einer wirksamen Demokratie entgegen? Die beiden Fragen scheinen auf den ersten Blick sehr verschiedene Antworten zu verlangen. In beiden Fällen geht es zwar um das Verhältnis von Demokratie und Sozialstruktur. Während aber das Nichtfunktionieren der Demokratie in Entwicklungsländern eher unsere ohnehin zögernden Wünsche als unsere Erwartungen enttäuscht, rührt das Versagen der deutschen Demokratie an die Grundlagen des Selbstverständnisses der westlichen Welt. Um in der handfest ideologischen Sprache der älteren deutschen Ethnologie zu sprechen: Was bei »primitiven Naturvölkern« nicht überrascht, ist bei einem »hochentwickelten Kulturvolk« ein bedrängendes Problem. Es wird noch zu zeigen sein, daB die »Natur-« und die »Kulturvölker«, die beiden Probleme der deutschen und, sagen wir, der chinesischen Demokratie einander so ganz unähnlich nicht sind. Die Formen der Industrialisierung in beiden Ländern haben manches miteinander gemeinsam; in der Tat stellt die deutsche industrielle Revolution von oben so etwas wie einen Modellfall der »verspäteten Industrialisierung« — gemessen am klassischen Beispiel Englands — dar. Doch sind solche Gemeinsamkeiten erst das Ergebnis einer Untersuchung, die sich auf eines der beiden Probleme konzentriert: das Verhältnis von Demokratie und Sozialstruktur in Deutschland.
Related content








GENDER – Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, Vol. , Iss. , 2017-09 ,pp. :